Chronische Schmerzen sind ein weit verbreitetes Phänomen. Im Gegensatz zum akuten Schmerz, der dem Körper als Warn- und Schutzsignal dient, kann der chronische Schmerz zu einem eigenständigen Krankheitsbild werden. In der Schweiz alleine gibt es über eine Million Betroffene.
Der Mensch empfindet Schmerzen über das Nervensystem. Dieses besteht aus dem zentralen Nervensystem, zu dem das Gehirn, der Hirnstamm und das Rückenmark gehören und das periphere Nervensystem, in dem Nerven die Informationen vom Gehirn und vom Rückenmark an die Körperteile und zurück übertragen. Wenn wir uns nun in den Finger schneiden, uns den Fuss verknacksen, uns den Kopf stossen oder auch nach einer Operation, empfinden wir akute Schmerzen. Dies, weil die Nervenenden überreizt, eventuell auch beschädigt sind und Schmerzsignale ans Gehirn senden. So wird dem Körper mitgeteilt, dass etwas nicht in Ordnung ist und gepflegt oder behandelt werden muss. Nach der Behandlung lässt der Schmerz in der Regel nach.
Verselbstständigung des Schmerzes
Ist aber entweder das zentrale oder das periphere Nervensystem gestört, kann dies zu chronischen Schmerzen führen. Hier verlieren die Schmerzen ihre eigentliche Warnfunktion. Sie können zwar auf die Schädigung eines Organs zurückzuführen sein, oftmals verselbständigen sie sich aber und werden zu einem eigenständigen Krankheitsbild, das zu physischen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen führt. Es sind die Nervenzellen, die sich verselbstständigen und auch, wenn kein Schmerzreiz mehr vorhanden ist, weiterhin Impulse an das Gehirn senden. Sie vergessen die Schmerzinformationen nicht mehr und melden weiter die geringsten Reize an das Bewusstsein. Die Zellen entwickeln ein eigentliches Schmerzgedächtnis. Chronischer Schmerz tritt also auf, wenn der Auslöser nicht beseitigt werden kann oder, wenn sich der Schmerz zu einer eigenständigen Krankheit entwickelt hat.
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Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen
Von chronischen Schmerzen spricht man, wenn sie länger als drei bis sechs Monate andauern. In Deutschland sind davon bis zu 12 Millionen Menschen betroffen, während es in der Schweiz über eine Million sind. Es gibt zahlreiche verschiedene Ursachen für chronische Schmerzerkrankungen. Die häufigsten Formen sind:
- Rückenschmerzen (zum Beispiel Bandscheibenvorfall)
- Kopfschmerzen (zum Beispiel Migräne, Spannungskopfschmerzen)
- Rheumatische Schmerzen (zum Beispiel Arthritis)
- Neuropathische Schmerzen (Nervenschmerzen)
- Fibromyalgie (Weichteilbeschwerden)
- Degenerative Schmerzen (Arthrose, Osteoporose)
- Tumorschmerzen
- Phantomschmerzen (unter anderem nach Amputationen)
Gemäss der «Pain Alliance Europe» gehören zu den häufigsten Ursachen der chronischen Schmerzen die Gelenkerkrankungen Arthritis und Arthrose, gefolgt von Bandscheibenvorfällen, Unfällen oder Verletzungen sowie rheumatoider Arthritis und Migräne.
Die Rolle der Psyche
Zahlreiche Faktoren können chronische Schmerzen verursachen, unterhalten oder verstärken. Einig sind sich Fachpersonen heute auch darin, dass auch psychische Faktoren die Entstehung chronischer Schmerzen beeinflussen können. Eine mit dem Schmerzsyndrom gleichzeitig vorhandene psychische Störung führt zu einem intensiveren Schmerzerleben und fördert die Chronifizierung. Zudem kann eine Verletzung immer auch ein seelisches Trauma bedeuten, wenn das Selbstbild des dynamischen und leistungsfähigen Menschen beschädigt wird.
Psychische Störungen können aber auch erst als Reaktion auf die chronischen Schmerzen entstehen, denn das Erleben des andauernden Schmerzes stellt nicht nur eine körperliche, sondern auch eine emotionale Belastung dar. Für viele Betroffene wird der Schmerz zum Mittelpunkt des Lebens. Er füllt die Gefühlswelt der Betroffenen vollständig aus. Vielfach können Betroffene nicht mehr arbeiten, haben depressive Störungen, Angststörungen oder Anpassungsstörungen.
Darüber sprechen hilft
Ein Leben mit chronischen Schmerzen bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden. Teilen Sie Fragen und Herausforderungen bei einem persönlichen Peer-Austausch oder stellen Sie Ihre Fragen anonym und kostenlos in unserer Community.
Sozialer Rückzug
Auch der durch chronische Schmerzen häufig einsetzende soziale Rückzug kann zu psychischen Problemen führen. Denn der andauernde Schmerz oder die ständige Angst vor den Schmerzen wird übermächtig. So werden Situationen, die den Schmerz einmal ausgelöst haben, vermieden, körperliche und soziale Aktivitäten eingeschränkt. Menschen mit chronischen Schmerzen finden in unserem Forum Rat und können sich mit anderen Betroffenen austauschen.