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Integration gescheitert, und nun? Ein Erfahrungsbericht.

Eine Integration ins Arbeitsleben klappt nicht immer. Auch Roger M. erfährt dies auf schmerzliche Weise. Auf der Suche nach den Ursachen findet er die Lösung.

In einer reihe weisser Schachfiguren ist eine schwarze Figur und gegenüber dieser Reihe ist eine reihe mit schwarzen Figuren.  | © pixabay

Eine Integration ins Arbeitsleben klappt leider nicht immer. (pixabay)

«Satz mit X…», nennt Roger M. seinen Integrationsversuch. Nach einem Autounfall ist er von einem Tag auf den anderen ein Rollstuhlfahrer geworden. Schwer traumatisiert vom Unfall, bei dem seine Freundin das Leben verlor, hat Roger Mühe sich auf Menschen einzulassen. Er fühlt sich schuldig am Tod seiner Freundin. «Das ist der Hauptgrund, weshalb ich mich nicht mehr integrieren konnte», weiss er heute.  

Integrationsversuch gescheitert

Zwei Jahre lang versucht Roger M. im Arbeitsleben Fuss zu fassen. Aber es geht nicht.
Nach der Reha wollte Roger M. schnell zurück in seine alte Arbeitstelle. Dort hatte man eine Aushilfe angestellt, damit er wieder zurückkommen konnte, wenn er so weit war. Bald jedoch zeigt sich, dass er mit den Arbeitskollegen gar nicht mehr klar kommt. «Einerseits brauchte ich Hilfe, andererseits wollte ich nicht bevormundet und bemitleidet werden. Ich dachte in meinem Frust, dass es für die anderen doch offensichtlich sein müsste, wann ich ihre Hilfe wirklich brauche.»  

Dadurch, dass Roger M. Hilfestellungen vehement abwehrt, bieten seine Arbeitskolleginnen und -kollegen bald gar keine Hilfe mehr an und Roger steht vor unüberwindbaren Hindernissen. «Ich konnte nicht mal Kaffee trinken, weil die Maschine zu hoch stand.» Selber um Hilfe fragen wollte und konnte er nicht.   

Deshalb arbeitet er bald nur noch von zu Hause aus, wo das meiste für ihn zugänglich ist und er sich vor anderen nicht schämen muss, wenn etwas nicht klappt. «Im Büro war es mir nur schon peinlich, aufs WC zu gehen. Ich war mir sicher, dass mich die anderen auslachen würden, weil ich so lange brauchte.» Nach einem halben Jahr kündigt er ganz.

« Ich fühlte mich so wertlos als Rollstuhlfahrer. Ich wollte alles selber schaffen können! »

Auch zweiter Anlauf missglückte

Roger nahm an, dass seine innere Blockade daher kam, dass seine früheren Arbeitskolleg:innen ihn noch als Fussgänger und aktiven Menschen kennen gelernt hatten. Deshalb nimmt er in einer anderen Firma eine neue Stelle an und schweigt sich über seine Geschichte aus. Dort bemüht man sich, für den KV-ler alles möglichst zugänglich zu gestalten.  

«Schon beim Bewerbungsgespräch wollten sie eine Liste mit nötigen Anpassungen. Ich war begeistert!» Aus Angst jedoch, die Stelle nicht zu bekommen, wenn er zu viel verlangt, gibt er nur die notwendigsten Anpassungen an, wie zum Beispiel die Rampe zur Eingangstüre. Die ersten Wochen verlaufen praktisch problemlos, Roger fällt es nicht mehr so schwer, um Hilfe zu bitten.
Die anfängliche Begeisterung verfliegt jedoch schnell, denn ein ganz neues Problem taucht auf, auf das er kaum Einfluss nehmen kann. Einer seiner Mitarbeiter fängt an, Roger zu mobben. Roger getraut sich nicht, sich bei seinem Vorgesetzten zu beschweren. Nach diesem zweiten Scheitern spürt der Mann, dass es so nicht weitergehen kann. Er braucht Hilfe.

« Ich habe mit den baulichen Anpassungen schon genug Extrawurst bekommen. Der Behinderte, der ständig zum Chef rennt, diesem Bild wollte ich nicht entsprechen! »

Unterstützung suchen – Chancen entdecken

Er findet sie bei SUVAcare. Die SUVAcare bietet nach einem Unfall umfassende Betreuung in Form von Beratung, Versicherungsleistungen und Unfallmedizin bis hin zur Rehabilitation an und will schon seit 2003 mit einer Kampagne die Arbeitnehmer:innen sowie Kolleg:innen der Betroffenen dafür sensibilisieren, wie schwierig der Wiedereinstieg sein kann.

Roger erkennt, dass er sich mit dem Erlebten intensiv auseinandersetzen muss. Er begibt sich wieder in Therapie, einmal bei seinem Pastor und einmal bei einem von der Invalidenversicherung (IV) verschriebenen Traumatherapeuten. «Mein Problem ist weniger der Rollstuhl, sondern das Schuldgefühl.» Dieses habe er viel zu lange ignoriert. Statt sich mit seinem Trauma auseinander zu setzen, habe er seine Gefühle abgestellt – «Zombiemodus», nennt er seinen seelischen Zustand nach dem Unfall.  

Inzwischen ist ihm klar, dass er zu früh wieder angefangen hatte mit der Arbeit. Er wollte einfach nur, dass alles wieder so wie früher wird, die Zeit zurückdrehen. «Meine früheren Arbeitskollegen hatten sich zwar nicht verändert, aber ich. Das habe ich erst nicht begriffen.»

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Ein Mann hält den Daumen hoch. | © pexels

Ein Neu-Neuanfang

Jetzt will er lernen, auf Rädern im Leben zu stehen und zwar mit Hilfe, wenn nötig. «So viele Menschen wollten mir helfen, aber ich dachte, ich hätte diese Hilfe nicht verdient. Selbst wenn ich mir immer noch die Schuld gebe, mit im Mitleid versinken wird es auch nicht besser. Wenn schon, dann muss ich jetzt aktiv meinen Beitrag an der Gesellschaft leisten!»    

« Probleme lösen sich nicht durch Ignorieren. Und die Zeit kann man auch nicht zurückdrehen. Konfrontation ist die einzige Lösung, auch wenn es weh tut. »

Hilfe annehmen als erster Schritt

Rogers Geschichte zeigt, dass eine Wiedereingliederung ungeahnte Probleme mit sich bringen kann. Dann ist es wichtig, den ersten Schritt zu tun und Hilfe anzunehmen. Neben Hilfsangeboten von SUVACare und dem Paraplegikerzentrum unterstützt auch EnableMe mit Information und Beratung und dem Botschafterwesen bei der Wiedereingliederung in Gesellschaft und Beruf. Ein kurzer Anruf, eine kurze E-Mail kann schon Teil der Lösung sein.


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