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Das Leitsystem: mit dem Langstock durch die Welt

Ob an Bahnhöfen, Haltestellen oder Übergängen: Weisse Linien finden sich an verschiedenen Stellen in unserer Umwelt. Dass hinter diesen das Leitsystem steckt, ist aber oft unbekannt. Doch wie werden die Linien und Felder genutzt und wie lernt man sie zu verstehen? All das erfahren Sie in diesem Artikel.

Nahaufnahme von einem Bodenleitsystem, das von einem Menschen mit  Langstock ertastet wird. | © Gesellschaftsbilder, Andi Weiland

Das Bodenleitsystem ist für Menschen mit Sehbehinderungen wichtig. (Gesellschaftsbilder, Andi Weiland)

Leitsystem: Mit System orientieren

Das Leitsystem wird auch vereinfacht «Leitlinien» genannt. Es trägt essenziell zu der Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden bzw. im öffentlichen Raum bei. Man nennt diese Steine auch Bodenindikatoren. Das Leitsystem besteht aus Rippen- und Noppenfeldern und unterstützt blinde und sehbehinderte Menschen bei der Mobilität und Orientierung.

Wie lässt sich aber nun dieses System verstehen? Die Rippenfelder geben die Laufrichtung an und die Noppenfelder fungieren als Aufmerksamkeitsfelder. Aufmerksamkeitsfelder warnen oder weisen auf etwas hin. Es kann sich beispielsweise um eine veränderte Laufrichtung, einen Hinweis auf einen Strassenübergang oder eine Einstiegshilfe für den Bus handeln.

Bei einer Strassenüberquerung kann die Anordnung der verschiedenen Felder auf zwei Dinge hinweisen:

  1. Eine 0-Barriere: Eine 0-Barriere ist wichtig für Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, da es keine fühlbare Kante zwischen Bordstein und Strasse gibt.
  2. Fühlbare Kante: Für Menschen mit einem Langstock ist es wichtig, eine Kante mit dem Langstock zu erspüren, damit sie wissen, dass sie sich nun auf der Strasse befinden.

So kann durch die Anordnung der Felder erschlossen werden, um welchen Übergang es sich handelt. In vielen Fällen handelt es sich jedoch «nur» um die Noppenfelder.
Da dieses System für blinde und sehbehinderte Menschen für Orientierung und Mobilität ein wichtiger Baustein ist, ist es essenziell, dass das Leitsystem auch von jeglichen Gegenständen freigehalten wird. Denn Barrieren wie Schilder, parkende Autos, Mülleimer oder auch Menschen mit Taschen blockieren dieses oft.

Sie können das Freihalten des Systems unterstützen, indem Sie nicht auf diesem System stehen bleiben, keine Taschen oder E-Scooter abstellen und andere Menschen darauf hinweisen, wenn sie es blockieren. So tragen auch Sie einen wichtigen Teil zur Barrierefreiheit und Orientierung von blinden und sehbehinderten Menschen bei.

Dabei lässt sich die kontrastreiche Oberfläche nicht nur für Menschen mit einem Langstock nutzen, sondern auch für sehbehinderte Menschen ohne einen Langstock. Durch den kontrastreichen und taktilen Unterschied der Platten können sich auch sehbehinderte Menschen im öffentlichen Raum orientieren.

Wo lernt man die Bedeutung des Leitsystems?

Um den weissen Stock richtig anzuwenden, gibt es ein Orientierungs- und Mobilitätstraining (O+M). Das O+M orientiert sich an dem individuellen Bedarf der Menschen mit Sehbehinderungen. So können im Rahmen der Schulung zum Beispiel die folgenden Inhalte vermittelt werden:

  • Vermittlung von Führ- und Körperschutztechniken
  • Orientierung in Räumen und Gebäuden
  • Schulung des gezielten Einsatzes des vorhandenen Sehvermögens
  • Nutzung der anderen Sinnesorgane, insbesondere des Gehörs
  • Vermittlung von Wissen über Erleichterungen im Strassenverkehr wie taktil-visuelle Leitlinien, Funktion von Ampelzusatzgeräten, Vortrittsrecht etc.
  • Handhabung eines Weissen Stocks (Signal- oder Langstock)
  • Orientierung und Fortbewegung in ruhigem Wohnquartier und in bekannter Umgebung
  • Verhalten im Strassenverkehr (u.a. sichere Strassenüberquerungen mit und ohne Fussgängerstreifen oder Ampeln)
  • Orientierungsstrategien in unbekannter Umgebung
  • Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus, Zug)
  • Vermittlung von Strategien beim Einkaufen
  • Einsatz von optischen Hilfsmitteln (Filtergläser, Kleinfeldstecher)
  • Kennenlernen von akustischen und elektronischen Hilfsmitteln (Navi- Apps, Navi-Gürtel)
  • Vermittlung von Informationen zum Thema Blindenführhund

Wer eine O+M-Schulung in Anspruch nehmen möchte, wendet sich am besten an den Schweizerischen Blindenbund.

Schulungen für Kinder?

Auch Kinder können sich mit dem weissen Stock und einer Schulung in Orientierung und Mobilität besser in der Umgebung zurechtfinden. Die Schulung steht ihnen sowie auch Menschen mit anderen Behinderungen ebenso zu. Kindern wird vor allem vermittelt, wie sie den Schulweg alleine bewältigen können. Ferner erhalten sie individuelle Trainings, zum Beispiel für die Orientierung im Schulgebäude.

Blindenstock, Langstock, weisser Stock?

Wir verwenden hier den Begriff Langstock, anstatt von einem Blindenstock zu schreiben. Denn Blindenstock impliziert, dass nur blinde Menschen dieses Hilfsmittel nutzen. Dem ist aber nicht so, denn auch Menschen, die zwar eine Sehbehinderung haben, aber nicht als blind gelten, nutzen den Langstock, der auch als weisser Stock bezeichnet wird. 

Der klassische Langstock geht circa bis zur Brust / Achselhöhle und wird mittig vor dem Körper gehalten. Abhängig von der Länge des Stockes sind ebenfalls die Schrittlänge. Mehrere Techniken ermöglichen das Nutzen des Langstockes. Beispielsweise kann der Stock von links nach rechts gependelt oder getippt werden. Dabei ertastet dieser die möglichen, vor einem liegenden Hindernisse. Langstöcke gibt es in verschiedenen Variationen und Marken.

Es gibt:

  • Faltstöcke (faltbar)
  • Teleskopstöcke (ausziehbar)
  • Falt-Teleskopstock (kombiniert)
  • Taststock (Nutzung bei Bedarf und Nutzung des Blindenführhundes)
  • Laserlangstock (Infrarot-Entfernungsmesser)

Aber auch die einzelnen Marken weisen verschiedene Eigenschaften auf:

  • Ambutech: etwas stabiler und geeignet für Personen, die etwas robuster sind
  • Kemmerer / Swarovski: leichter, mit einem Leder- oder Korkgriff
  • Comde: sehr leichte Alustöcke mit Holzgriff, liegen super in der Hand
Leitlinien und eine Schulung in O+M unterstützen die Orientierung von blinden und sehbehinderten Menschen. Leitlinien und eine Schulung in O+M unterstützen die Orientierung von blinden und sehbehinderten Menschen.

Die Geschichte des Langstocks

Jährlich wird am 15. Oktober der «Internationale Tag des weissen Stockes» gefeiert. An diesem Tag machen sehbehinderte und blinde Menschen sowie Organisationen und Vereine auf die Belange von Menschen mit einem Langstock aufmerksam.

Aber was war damals am 15. Oktober? Am 15. Oktober 1964 übergab US-Präsident Lyndon B. Johnson in einem symbolischen Akt Langstöcke an blinde und sehbehinderte Menschen. Mit dieser Symbolik wollte er Langstöcke populär machen. Dies wurde von den Vereinten Nationen zum Anlass genommen, am 15. Oktober 1969 den «Internationalen Tag des weissen Stockes» auszurufen.

Mit dem weissen Stock durch die Welt

Sich an den Langstock zu gewöhnen, kann für Personen, deren Sehvermögen nachlässt, schwierig sein. Viele trauen sich nicht, diesen zu nutzen. Mitunter können hier auch verinnerlichte Annahmen über Blindheit und Sehbehinderungen eine Rolle spielen. Einige Menschen benötigen nur den Langstock, wenn es dunkel ist. Wiederum andere haben noch ein Restsehvermögen oder gelten als blind. So entsprechen Sie nicht dem Vorurteil des «Schwarzsehens». Auch werden Behinderungen wie ebenfalls die Sehbehinderung in Verbindung mit älteren Menschen gebracht. Sodass es hier an der Repräsentation von jungen blinden Menschen fehlt.

Jedoch berichten Langstocknutzer:innen von einer wiedergewonnenen Selbstständigkeit und mehr Lebensqualität. Sie sind unabhängig von Tageszeit bzw. Lichtverhältnissen und fremder Unterstützung in der Lage, sich sicher in ihrer (bekannten) Umwelt zu bewegen. Dies ist ein wichtiger Aspekt der Selbstbestimmung. Im Beitrag einer Betroffenen lesen Sie Einzelheiten zum «Umgang mit Blinden oder Menschen mit einer Sehbehinderung».

Dieser Artikel wurde gemeinsam mit Stock und Stein erstellt.


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