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Trauma – was ist es, woraus resultiert es und was kann man dagegen tun?

Der Erwerb einer Behinderung durch Unfall oder Krankheit ist in der Regel ein traumatisches Erlebnis – für Betroffene wie Angehörige. Diplompsychologin Dr. Eva-Maria Groh erklärt, was Traumata sind und wie sie bewältigt werden können.

Zwei Personen sitzen neben einem Krankenwagen. | © pixabay

Unverarbeitete Traumata können schwerwiegende Folgen haben. (pixabay)

Das Wissen, dass Menschen manchmal schlimme Ereignisse passieren, ist alt. Schon früh in der Geschichte finden sich Rituale und Methoden, die einen guten (im Sinne von nicht für den Einzelnen schädlichen) Umgang mit schlimmen (traumatischen) Erlebnissen und ihren Folgen unterstützen sollen, zum Beispiel in Mythen, religiösen Texten oder in Dichtung und Kunst.

Unter anderem in Folge der (Welt-)Kriege kam es zu den ersten Versuchen einer systematischen Beschreibung, der «typischen» Reaktionen, die Menschen zeigen, nachdem sie ein Trauma erlebt hatten. Beobachtungen zur Zeit des Zweiten Weltkrieges thematisierten dann auch die Folgen, die Traumata für Kinder und Jugendliche haben können. Doch auch sehr viel alltagsnähere kritische Ereignisse, zum Beispiel Autounfälle oder ein Überfall, werfen Fragen auf. Davon sind drei immer zentral gewesen. Was ist ein Trauma? Welche Folgen hat ein Trauma? Was kann man tun, wenn einen das Trauma belastet? 

Was ist ein Trauma?

Unter einem Trauma versteht man nach den derzeit gängigen Definitionen ein Erlebnis, bei dem der Betroffene während des Ereignisses intensive Angst oder Schrecken, manchmal auch Horrorgefühle oder grosse Hilflosigkeit erlebt. Gemein haben diese Erlebnisse, dass die betroffene Person selbst oder andere Menschen in diesen Situationen in ihrer körperlichen oder seelischen Gesundheit und Unversehrtheit bedroht sind. Beispiele sind Unfälle, Vergewaltigungen, Überfälle, Kriegsgeschehen, aber auch Kindesmisshandlung oder sexueller Missbrauch. 
 
Diese Erlebnisse sind solche, die nicht typischerweise in den «normalen» Alltag oder die «normalen» Erfahrungsbereiche eines Menschen fallen. Man unterscheidet grob zwischen Typ-I-Traumata (unvorhersehbar, einmalig, zum Beispiel ein schlimmer Unfall oder eine Naturkatastrophe) und Typ-II-Traumata (eher vorhersehbar, mehrmalig, zum Beispiel wiederholte Misshandlung durch Bezugsperson). Ausserdem treten diese unterschiedlichen traumatisierenden Ereignisse unterschiedlich oft auf.
 
So werden Rettungskräfte etwa durch seinen Beruf mehr schlimme Verkehrsunfälle zu sehen bekommen als Lehrpersonal. Auch erleben Frauen und Männer unterschiedliche Ereignisse generell mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit, was zum Beispiel für Vergewaltigungen zutrifft, von denen Frauen häufiger betroffen sind als Männer (zum Beispiel 9,4 Prozent der Frauen respektive 1,1 Prozent der Männer). Wichtig ist festzuhalten: Jeder Mensch erlebt im Laufe seines Lebens wohl irgendwann ein potenziell traumatisches Ereignis (zum Beispiel den Tod eines wichtigen Mitmenschen).

Welche Folgen hat ein Trauma?

Sehr wichtig ist der Punkt, dass nicht jeder Mensch nach jedem Trauma auch eine psychische Krankheit entwickelt. Das bedeutet, dass ein schlimmes Ereignis potenziell traumatisierend sein kann, es aber nicht sein muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein möglicherweise traumatisierendes Ereignis negative Folgen hat, hängt unter anderem von der Art des Ereignisses ab. 
 
Die Schwere des Ereignisses und seine Art sind mitentscheidend: man-made disaster (von Menschen verursachte traumatische Ereignisse, Typ-II-Traumata) sind schlimmer als etwa eine Überschwemmung (Typ-I-Trauma). Das Geschlecht der Betroffenen und Art/Schwere des Ereignisses können – mit Einschränkungen – zur Vorhersage genutzt werden, ob eine Person zum Beispiel eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) nach einem Trauma entwickeln wird oder nicht. 
 
Die PTBS gehört mittlerweile zu den bekanntesten Traumafolgestörungen (das sind die Krankheiten, die nach einem erlebten Trauma entstehen können). Es muss aber erwähnt werden, dass auf das Erleben eines traumatischen Ereignisses nicht zwangsläufig die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung folgt. Die Reaktionen auf ein erlebtes Trauma können bei Erwachsenen und besonders bei Kindern und Jugendlichen sehr unterschiedlich sein.

Eine weinende Person sitzt vor einem Bett auf dem Boden. | © unsplash Eine zuvor existierende psychische Krankheit kann das Risiko eines Traumas erhöhen. (unsplash)

Schlimmes Ereignis muss nicht zu einem Trauma führen

Nach Dilling, Mombour und Schmidt wird deutlich, dass zum Beispiel die akute Belastungsreaktion, die in den ersten Stunden auftreten kann (Symptome sind unter anderem Aufmerksamkeitsprobleme, Gefühl von Unruhe, Desorientierung, dissoziative Zustände) in eine PTBS oder eine Anpassungsstörung oder eine depressive Störung oder, im Falle längerer/extremer Traumatisierung in eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung übergehen kann. Fachpersonen aus der Psychologie konnten nachweisen, dass ein Trauma beispielsweise die Wahrscheinlichkeit erhöht, eine generalisierte Angststörung (GAS) oder eine Major Depression (MD) zu bekommen. 
 
Da die möglichen Folgen jedoch sehr unterschiedlich sein können und ganz vom Individuum, den bisherigen Erfahrungen und der individuellen (psychischen) Widerstandskraft abhängen, sollten Betroffene, wenn sie ein Trauma erlebt haben und merken, dass sie sich dadurch verändert haben oder belastet fühlen, unbedingt professionelle therapeutische oder psychiatrische Hilfe aufsuchen. Oftmals kommen nämlich auch mehrere Traumafolgestörungen gemeinsam vor, zum Beispiel eine PTBS zusammen mit einer Angststörung, Depression oder Substanzabhängigkeit. Gute und zeitnahe Unterstützung kann helfen zu verhindern, dass sich die Traumafolgestörung chronifiziert, also dauerhaft bestehen bleibt.

Was kann man tun, wenn einen das Trauma belastet?

Untersuchungen haben gezeigt, dass eine ganze Reihe von Faktoren beeinflussen, wie sehr Individuen nach einem erlebten Trauma leiden und wie sehr sie davon belastet sind. Einige sind: Die psychische Gesundheit etwa, also bereits zuvor existierende eigene psychische Krankheit oder familiäre (Vor-) Belastung können das Risiko erhöhen. Auch Persönlichkeitsmerkmale und Copingstrategien (also Mechanismen und Strategien, die eine Person hat, um ein Ereignis zu «bewältigen») spielen eine Rolle.
 
Das Coping, also die Art, wie jemand mit einer Krise oder einem traumatischen Ereignis umgeht, ist ebenso bedeutsam. Das Erleben während des Traumas, also die subjektiv erlebten Gefühle wie zum Beispiel intensive Furcht, Angst, Hoffnungslosigkeit spielt für die Folgen eine zentrale Rolle. Welche Reaktionen des sozialen Umfelds und soziale Unterstützung gezeigt werden, zum Beispiel Trost oder Hilfe, ist ebenfalls bedeutsam. Besonders bei Kindern und Jugendlichen.

Entscheidend ist, wie mit dem Ereignis umgegangen wird

In Fällen, in denen Defizite bei solchen wichtigen Faktoren vorhanden sind oder in denen aus anderen Gründen das Trauma besonders belastende Folgen hat, kann die Hilfe psychologischen Therapiepersonals oder einer psychiatrischen Fachperson angebracht sein.

Da die Folgen sehr unterschiedlich sein können (siehe oben), muss die diagnostische Abklärung (was sind die tatsächlichen Folgen des Traumas in genau diesem speziellen Fall?) durch entsprechend qualifizierte Fachleute erfolgen. Nur dann kann eine individuell passende Therapiemethode und ein auf die Betroffenen abgestimmter Therapieplan gewählt werden (siehe unten).

Die grundlegende Idee einer solchen Behandlung ist, das Trauma zu verarbeiten und auf eine hilfreiche, gesunde und möglichst wenig belastende Art und Weise in die eigene Biografie zu integrieren. Auch, wenn das zunächst unmöglich erscheinen mag. Keine Therapie kann ein Trauma ungeschehen machen, sehr wohl aber dabei helfen, einen für den einzelnen Menschen guten Umgang damit zu finden. Zweiter sehr wichtiger Ansatzpunkt in der Therapie wird dann sein, die eventuell vorhandenen Defizite zu beseitigen, sodass für das weitere Leben eine noch bessere Widerstandskraft geschaffen werden kann.

Betroffene und Angehörige von betroffenen Menschen können sich für Rat und Hilfe an Einrichtungen der Krisenhilfe, an die psychiatrischen Notdienste, an die Sozialpsychiatrischen Dienste oder an Beratungsstellen wenden. Adressen und Telefonnummern finden sich im Internet.


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