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Herausragende Fähigkeiten im Job

Viel zu häufig wird im Zusammenhang mit der Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt von deren «Behinderung» gesprochen. Wichtig ist es, die Persönlichkeit und die besonderen Fähigkeiten dieser Menschen in den Fokus zu rücken.

Rollstuhl fährt schnell durch ein Büro. Person im Rollstuhl ist nicht erkennbar. | © Pexels / Marcus Aurelius

Menschen mit Behinderungen können durchaus Karriere machen! (Pexels / Marcus Aurelius)

Die Integration von Menschen mit einer psychischen oder körperlichen Behinderung ist spätestens mit der 5. und 6. IV-Revision ins Bewusstsein der Wirtschaft und auch einer breiteren Öffentlichkeit gerückt. Konkret geht es darum, Tausende von IV-Rentner:innen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies ist Teil der Sanierung der hoch verschuldeten Invalidenversicherung (lesen Sie dazu IV - Eingliederung vor Rente).

Aus Sicht des Staates und der Wirtschaft muss es aber auch um mehr gehen, nämlich weg von «Invalidität», «Behinderung» oder «Einschränkung», hin zur Nutzung der besonderen Fähigkeiten, welche diese Zielgruppe hat. Und für die Betroffenen selber geht es weniger darum, wie man sie denn nun politisch korrekt bezeichnet, als vielmehr darum, ihre «Abilities» einzusetzen, um zumindest eine gewisse Selbständigkeit gewinnen oder bewahren zu können, ein soziales Umfeld zu finden und ihr Selbstvertrauen zu stärken.

Die besonderen Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen sind unbestritten und wissenschaftlich nachgewiesen. Menschen mit Behinderungen können durch besondere Fähigkeiten faszinieren – wenn diese erkannt und gefördert werden.

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Ein Mann hält den Daumen hoch. | © pexels

Sehzentrum von Blinden übernimmt andere Aufgaben

Die Erfahrung zeigt, dass gerade Menschen mit Behinderung in aller Regel besondere Fähigkeiten wie Flexibilität und ein aussergewöhnliches Durchhaltevermögen besitzen. So können beispielsweise viele sehbehinderte Menschen besonders konzentriert und aufmerksam zuhören und arbeiten deshalb oft in Call-Centern. Eine aktuelle Studie der Georgetown University in Washington zeigt, dass von Geburt an blinde Menschen die eigentlich fürs Sehen zuständigen Hirnareale zum Fühlen und Hören nutzen. 

Die besondere Tastfähigkeit wird beispielsweise bei der diffizilen und komplexen Untersuchung der Palpation der weiblichen Brust eingesetzt. «Üblicherweise finden Ärzte Knoten ab einem Durchmesser von etwa 10 Millimeter. Das sagen die Statistiken und das entspricht auch meiner persönlichen Erfahrung. Medizinische Tastuntersucherinnen haben die Fähigkeit, sogar schon Knoten zwischen 4 und 6 Millimeter zu finden», erklärt der Duisburger Gynäkologe Dr. med. Frank Hoffmann dazu. Das gesteigerte Wahrnehmungsempfinden von blinden oder sehbehinderten Personen können sich auch Massagepraxen zu Nutze machen. So arbeiten beispielsweise in der Praxis «sehende Hände» in Winterthur ausschliesslich sehbehinderte und blinde medizinische Masseurinnen und Masseure mit dem Fachausweis SRK.

Das «Patch Adams»-Modell: Mehr Humor in der Pflege

Es bestehen aber auch andere Möglichkeiten, im Gesundheitsbereich eine Rolle einzunehmen. So gibt es zum Beispiel in Deutschland das Pilot-Projekt Healing Animator, eine Ausbildung zum Pflege-Animator. Das neue Berufsbild soll die allgemeine Entwicklung eines längeren Lebensalters kompensieren und damit die pflegerische Arbeit in Seniorenheimen entlasten. Der Pflege-Animator aktiviert den Selbstheilungsprozess und erhöht die Lebensqualität der betroffenen Menschen durch Kommunikation, Anteilnahme und Humor. Gerade die Gelotologie (Humorwissenschaft) fordert den verstärkten Einsatz von Humor in der Pflege für Betroffene und Pflegefachpersonal. Hier beweisen Menschen mit Down-Syndrom überdurchschnittliche Fähigkeiten: Sie zeigen sich als selbstbewusste Persönlichkeiten mit eigenen Interessen und Wünschen. Sie beweisen soziale Kompetenz, sowie Ehrgeiz, Hartnäckigkeit und Lebensfreude. Und sie bestechen durch ihren einzigartigen Charme.   

Ein Mann und eine Frau sitzen lachend draussen. | © pixabay Mit Humor geht vieles leichter, auch in der Pflege. (pixabay)

Herausragendes Engagement und Kontinuität

Wer bei Sprachabläufen eingeschränkt ist, kann beispielsweise trotzdem ein exzellenter Redaktor, Journalist, Webdesigner oder Programmierer sein. Sein Einsatz bedingt lediglich, dass die Arbeit nicht von einer direkten, momentanen Kommunikation abhängig ist, wobei mit neuen Kommunikationsmöglichkeiten auch dieses Problem kaum mehr eines ist. Bei einer Einschränkung des Bewegungsapparates steht zuerst die Barrierefreiheit des Arbeitsplatzes im Vordergrund. Fühlt sich ein Mitarbeitender an einem idealen Arbeitsort aber wohl, fällt er erfahrungsgemäss durch ein herausragendes Engagement und Kontinuität auf. Viele gehörlose Menschen wiederum sind auf die genaue Beobachtung ihre Umwelt angewiesen und können daher besonders aufmerksam Maschinen bedienen.

Neue Möglichkeiten dank moderner IT

Zahlreiche weitere Möglichkeiten haben sich durch die Entwicklung der Informationstechnologie ergeben. Das Internet hat die Arbeitswelt generell verändert, für Menschen mit einer Mobilitäts-Einschränkung ist es in vielen Bereichen – auch beruflichen – eine grosse Erleichterung. Die moderne IT hat dazu geführt, dass sehr viele Arbeiten von zu Hause aus erledigt werden können, wobei hier gerade Menschen mit einer grossen Selbstdisziplin gefragt sind. Negativ muss allerdings erwähnt werden, dass bei dieser Art der Arbeit die für die Betroffenen ebenfalls sehr wichtigen sozialen Aspekte wegfallen.

Das Informationszeitalter rückt auch die Stärken und aussergewöhnlichen Begabungen von Menschen mit Asperger-Autismus in den Fokus. Denn im Informationszeitalter können die speziellen Fähigkeiten von Betroffenen oft ideale Voraussetzungen für entsprechende Informatikberufe sein. Nicht nur sind Asperger-Persönlichkeiten oft hoch begabt, sie verfügen in der Regel auch über einen aussergewöhnlichen analytischen Verstand, eine schnelle Auffassungsgabe, hohe Detailgenauigkeit, extreme Konzentrations- und Fokussierungsfähigkeit sowie ausgeprägte Hartnäckigkeit und Ausdauer. 

Eine Hand, die auf einem Tablet herumtippt. | © pixabay Jeder Mensch, ob mit oder ohne Behinderung, hat Stärken und Schwächen. (pixabay)

Wenn Schwächen keine Rolle mehr spielen

Die intellektuellen Fähigkeiten, die es Menschen mit Asperger-Syndrom ermöglichen, komplexe Sachverhalte und schwierige Themen unglaublich schnell zu erfassen und zu verstehen, verbunden mit ihrer hohen Selbstmotivation und der Hartnäckigkeit, sich über Wochen, Monate oder sogar Jahre mit einem Thema auseinanderzusetzen, befähigen sie dazu, einen sehr hohen Wissensstand und Spezialisierungsgrad zu erreichen. Ihre Schwächen in der sozialen Interaktion hingegen spielen beim Testen von Software oder im Webdesign kaum oder gar keine Rolle.

Menschen mit einer Beeinträchtigung werden zumindest von institutioneller Seite her zwar zunehmend als «anders Begabte» oder auch als «Menschen mit besonderen Fähigkeiten» bezeichnet. Doch damit ist es nicht getan – es gilt diese Begabungen zu nutzen – im Interesse der Betroffenen, der Wirtschaft und des Staates. Die Frage muss also lauten, was Menschen mit einer Behinderung können, nicht, was sie nicht können. 


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