Belastungsprobe für die Partnerschaft – die Beziehung nicht behindern lassen
Eine plötzlich eintretende Behinderung kann eine Beziehung stark beeinflussen. Denn nicht nur Betroffene selber müssen mit den neuen Lebensumständen klarkommen, auch für die Partner:innen ist die Situation Neuland. Doch gemeinsam kann auch dieser Weg beschritten werden.
Erleidet der Partner oder die Partnerin eine Behinderung, steht das Leben Kopf. (unsplash)
Doch wie geht man damit um? Wir haben bei Menschen mit Behinderungen nachgefragt, wie sie ihre Beziehung auch mit einer Behinderung weiterführen. Zum Beispiel Ramona Spielmann aus dem Berner Seeland. Die Teilnehmerin an der Miss Handicap Wahl 2009 war bereits drei Jahre in einer Beziehung, als durch einen Unfall die Querschnittlähmung eintrat.
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Gemeinsam erstarken
Wie Ramona erklärt, habe die Zeit in der Reha sie und ihren Partner noch mehr zusammengeschweisst. «Ich musste mich neu kennenlernen und er mich auch. Aber, dass wir uns gemeinsam mit meiner Behinderung auseinandersetzten, hat sicher geholfen, mich selber so zu akzeptieren. Mein Freund war immer sehr offen und unterstützte mich in der Zeit nach Kräften.»
Sich selber akzeptieren
Anton Huber* musste vor knapp 20 Jahren seinen Unterschenkel amputieren lassen (mehr zu Amputationen). Zu dem Zeitpunkt war er schon längere Zeit mit seiner Partnerin zusammen. Seine Beziehung bildete die Stütze, um sich besser den neuen Herausforderungen im Alltag zu stellen. Als Ratschlag für andere Menschen mit einer Behinderung empfiehlt er, man müsse lernen, zu sich selber stehen zu können. «Wie kann ein Partner dich lieben, wenn du dich selber nicht akzeptierst?», so seine rhetorische Frage. Zudem sei es wichtig, dass beide Partner auf ihr Gegenüber eingehen und offen über Probleme und Gefühle sprechen.
Wo liegen die Stolpersteine?
Die Beispiele zeigen, dass ein gemeinsamer Weg in einer Beziehung mit einem Handicap möglich ist. Doch die Behinderung kann auch zur Belastung werden. Wo Probleme entstehen können, wenn plötzlich ein Handicap auftritt, erklärt, Dr. Markus Meyerhans, Psychotherapeut und Leiter der Abteilung Psychologie des Paraplegikerzentrums in Nottwil, gegenüber EnableMe.
«Eine gute Eingliederung in das berufliche und soziale Umfeld ist wichtig. Findet sich die behinderte Person dort nicht zurecht, hat das auch negative Auswirkungen auf die Beziehung.» Auch schon zuvor bestehende Konflikte in der Beziehung können die neue Situation zusätzlich belasten. Unausgesprochene Gefühle, Belastungen und Überforderungen stellen die grösste Gefahr dar. Ein weiterer heikler Punkt ist gemäss dem Psychotherapeuten das Ausmass und die Intensität des Pflegeaufwandes. «Die Partnerin/der Partner sollte in erster Linie Beziehungsperson, d.h. Frau/Mann, sein können und nicht allzu sehr durch die pflegerischen Aufgaben in einen Rollenkonflikt geraten. Die Balance zwischen Abhängigkeit und Autonomie darf nicht allzu sehr strapaziert werden.»
Die Beziehung bereichern
Sowohl die behinderte Person als auch die Partnerin/der Partner sollten darauf achten, dass zwischen dem Geben und Nehmen, dem Gelten und Gelten-Lassen sowie Lieben und Geliebt-Werden ein wechselseitiger – und dadurch befruchtender – Austausch stattfindet. Sehr entlastend ist, wenn das Selbstwertgefühl, die Anerkennung und die Selbstbehauptung auch ausserhalb der Beziehung (im Beruf, Freizeitgestaltung und Hobbies) gestärkt und immer wieder von Neuem genährt werden können. Auch Beziehungen zwischen Menschen mit psychischen Krankheiten können funktionieren, wie die Geschichte von Antonio und Anita zeigt.
Hilfe holen
Bei Problemen in der Beziehung ist es ratsam, sich Hilfe zu holen. Reha-Kliniken verfügen über spezialisierte Stellen mit einem niederschwelligen Beratungsangebot. Dort können sich Einzelpersonen und auch Paare für die Thematik sensibilisieren lassen. Das Heilsamste ist, offen zu seinen Ängsten, Grenzen, Erwartungen und Wünschen zu stehen. Nur tapfer sein zu wollen, alles alleine bewältigen zu wollen, keinerlei Hilfe in Anspruch zu nehmen und den anderen möglich wenig zu belasten, sind keine ausreichenden Haltungen und überfordern letztlich sowohl den einzelnen, als auch die Partnerschaft.
*Name von der Redaktion geändert