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«Auch Jahre nach meinem Schlaganfall lerne ich noch immer Neues»

Dass Schlaganfälle auch sehr junge Menschen treffen können, zeigt die Geschichte von Janine. Mit 16 Jahren erlitt Janine einen Schlaganfall nach einer geplanten Herzoperation. Danach musste sie fast alles neu erlernen. Was dabei die grösste Herausforderung war und wie es ihr heute geht, erzählt sie uns im Interview.

Nahaufnahme einer Person, die über einen Steg läuft. Wobei man nur den Turnschuh sieht und nicht die Person selbst. | © pexels

Nach dem Schlaganfall Schritt für Schritt zurück ins Leben. (pexels)

Janine, du hast 2016 nach einer Operation einen Schlaganfall erlitten. Was ist damals passiert?

Da man bei mir einen angeborenen Herzfehler gefunden hatte, musste ich für eine Operation am Herzen ins Spital. Wir alle gingen davon aus, dass ich nach zwei Wochen wieder aus dem Spital bin. Aus den zwei Wochen wurden dann ungefähr fünf.

Ich erlitt nach der OP einen Herzstillstand von 45 Minuten. Sie konnten mich wiederbeleben, aber man kannte natürlich das Ausmass nicht. Niemand wusste, was mit dem Kopf passiert sein könnte. Nach ein paar Tagen Intensivstation, hat man im MRI (Magnetresonanztomografie) gesehen, dass ich einen Schlaganfall hatte und eine Schwellung im Gehirn. Darum musste ich sofort notoperiert werden und mein Schädeldach, die Schädelkalotte, wurde für fünf Wochen entfernt. Mit meinen damals erst 16 Jahren war dies sehr viel auf einmal. Natürlich mussten auch alle Haare ab und zu diesem Zeitpunkt hatte ich mit dem besonders zu kämpfen. Aber alle Ärzte und Pflegenden haben mich gut betreut und haben mich bei vielen schwierigen Schritten begleitet.

Wie ging es dir danach?

Danach ging es dank Physio- und Ergotherapie und verschiedenen anderen Therapien step by step nach oben. Ich war erst wieder ein paar Monate Zuhause als man entschieden hat, dass ich in der Kinder-Reha in Affoltern am Albis weiter therapiert werde – stationär. Dort war ich ganze sieben Monate. Es war die schlimmste, aber auch die schönste Zeit, die ich in meinem Leben hatte. Ich habe viele neue Freunde kennengelernt und natürlich hat es mir im Genesungsprozess geholfen. 

Wir haben uns für Affoltern am Albis entschieden, weil ich aufgrund der Gehirn-OP, epileptische Anfälle bekommen habe. Diese haben mir grosse Angst gemacht und haben mir natürlich auch auf die Psyche geschlagen.

Wie lange hat es gedauert bis du dich wieder im Leben zurecht gefunden hast? Was musstest du neu lernen?

Ich würde sagen, dass ich auch heute noch immer neue Sachen lerne. Dinge, die dazu beitragen, dass ich selbstständig werden kann. Insgesamt vergingen rund drei bis vier Jahre, bis ich mich wieder relativ gut zurechtgefunden habe. Aber so richtig im Leben stehe ich erst seit einem Jahr. 

Ich musste lernen, wieder zu schlucken und zu laufen. Dies habe ich aber relativ schnell wieder in den Griff bekommen – dank verschiedener Therapien. Aber vor allem musste ich neu lernen, psychisch mit dem Ganzen umzugehen. Ich entwickelte Angstzustände, dass mir jederzeit etwas passieren könnte. Noch heute habe ich Mühe. Auch habe ich Angst, alleine Zug zu fahren. Aber es gibt auch sehr gute Tage. Dann spüre ich die Angst gar nicht.

Janine Böge fotografiert in einem Kaffee. | © Privataufnahme Janine steht heute wieder ganz im Leben. (Privataufnahme)
Gibt es etwas, das dir im Genesungsprozess besonders geholfen hat?

Körperlich hat mir die Reha natürlich sehr geholfen und seelisch meine Psychiaterin. Aber auch meine Familie und meine engen Freunde. Sowie der Austausch mit anderen Betroffenen in der Reha. Das hat alles geholfen. Und es hat mir ausserdem geholfen, dass ich mir meine Erfolgsschritte aufgeschrieben habe. Dadurch konnte ich mir wieder Motivation holen, wenn es mir mal nicht so gut ging.

Wie hast du den Schlaganfall verarbeitet?

Ich denke, so ein Erlebnis kann man nie ganz verarbeiten. Aber man kann es annehmen und akzeptieren. Und sicher jeden Tag stolz auf sich zu sein, was man alles schon geschafft hat und noch schaffen wird. 

Mögliche Anzeichen für einen Schlaganfall sind:

Lähmung oder Schwächung in Gesicht, Arm oder Bein

Plötzliche Sprachstörung

Sehstörung/Doppelbilder

Schwindel, Erbrechen, Übelkeit

Gleichgewichtsstörung

Plötzliche, heftige Kopfschmerzen

Tritt eines oder mehrere der oben beschriebenen Symptome auf, sollte in jedem Fall der Notruf unter 144 verständigt werden (Quelle: fragile.ch). Lesen Sie dazu auch Schlaganfall – Wettlauf gegen die Zeit.

Wie geht es dir heute?

Heute kann ich sagen, dass es geht mir gut geht. Es gibt Tage, die sind schlechter und es gibt Tage, die sind besser.

Ich habe vor einem Jahr meine Ausbildung zur Berufsmasseurin angefangen und es macht mir riesigen Spass. Es ist zwar immer viel zu lernen, aber wenn ich dran bleibe, dann schaffe ich auch das. 

Was erscheint dir beim Thema Schlaganfall besonders wichtig?

Wenn man an Schlaganfall denkt, denkt man meistens automatisch an ältere Menschen. Es kann aber jeden und jede von uns treffen – egal welches Alter, egal welches Geschlecht.

Mir wäre es ein Anliegen und sehr wichtig, dass man weiss, wie Symptome von einem Schlaganfall aussehen und dass man handeln kann. Denn jede Minute, in dem ein Schlaganfall zu spät diagnostiziert und behandelt wird, steigert das Risiko auf dauerhafte Schäden und mehr. 

Konntest du deine Erfahrungen weitergeben?

Leider konnte ich meine Erfahrungen noch zu wenig teilen und ich würde gerne Menschen, die in so einer Situation sind, mehr zur Seite stehen. Aber ich fühle mich auch erst seit diesem Jahr bereit, offen über meine Geschichte zu reden. 

Janine Böge ist auch Helferin unseres Angebots «Zweite Hilfe». Wir danken Janine für ihr Engagement und das Interview.


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