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Ihr Kind auf dem Weg zum Erwachsensein – ein Erfahrungsbericht

Der Übergang vom Kind zum Erwachsenen ist einer der spannendsten Lebensabschnitte. Vom ersten Verliebtsein bis hin zum selbstständigen Leben in einer alternativen Wohnsituation gibt es viel Motivation und eine Menge Ideen, jedoch auch nicht nur Erfolge. Für Eltern kann diese Phase eine grosse Herausforderung sein. Ein Erfahrungsbericht von Familie Reger, dass ein Sohn mit einer Behinderung hat.

Die Pubertät kann eine Herausforderung für Eltern sein. | © pexels

Die Pubertät kann eine Herausforderung für Eltern sein. (pexels)

Herr Reger berichtet von seinen Kindern: «Ich habe mich immer gern mit meinen Kindern unterhalten. Sie haben aufmerksam zugehört und dann auch getan, was ich vorgelebt habe. Jetzt, wo sie Jugendliche sind, muss alles diskutiert werden, auch wenn es mal um Glaubensfragen geht. Oft sagen sie: 'Müssen wir schon wieder darüber reden?' Bevor meine Jungs in die Pubertät gekommen sind, konnte ich mir so etwas in unserer Familie nicht vorstellen — obwohl ich es bei anderen beobachtet habe. Als kleiner Junge war mein Sohn ein Ruhepol in der Familie. Jetzt als Jugendlicher auf dem Weg zum Erwachsensein wirkt er ungeduldig, möchte am liebsten alles sofort selbst schaffen und die Eltern fühlen sich dabei nicht mehr erwünscht. Als kleines Mädchen erzählte meine Tochter ihren Eltern alles. Jetzt, wo sie eine Jugendliche auf dem Weg zum Erwachsenwerden ist, kommt es uns vor, als hätte sie mit ihren Freund:innen einen Klub gegründet, dem ihre Eltern nicht beitreten dürfen.»
 
Wir haben versucht, die Kinder dann nicht gleich als rebellisch oder respektlos hinzustellen. Was passiert denn eigentlich mit den Jugendlichen auf dem Weg zum Erwachsensein, was bewegt sie, das eine zu tun und das andere zu lassen, fragen wir uns. Um die Beweggründe herauszufinden, muss man verstehen, dass sie eine wichtige Entwicklungsphase durchlaufen und dabei mentale Unterstützung brauchen. 

Digitale Begleitstelle: Hilfe für Eltern von Kindern mit Behinderungen

Als Eltern eines Kindes mit Behinderungen haben Sie im Alltag viele zusätzliche Herausforderungen zu meistern. Hier finden Sie Hilfe in jeder Lebensphase Ihres Kindes – mittels Informationen sowie Austauschmöglichkeiten im Forum.

Zur Begleitstelle für Eltern 

Eltern sitzen mit ihrer kleiner Tochter und einem Laptop auf den Knien auf dem Sofa und informieren sich. | © Pexels / Kampus Production

Im besten Fall nahmen wir eine Beobachterrolle ein und bleiben als Berater:in im Hintergrund für den Fall der Fälle. Diese Haltung anzunehmen und umzusetzen fällt nicht immer leicht, insbesondere in Situationen, in denen wir spürten, dass unser Kind geradewegs auf eine heikle Situation zusteuert. Doch das Aushalten gab uns und unseren Kindern die Chance, eigene gute und auch schmerzhafte Erfahrungen für das selbständige Erwachsenenleben zu sammeln.  
 
Wir stellten uns vor, das Leben unserer Kinder ist wie eine Bergtour, mit Höhen und Tiefen und vor allem mit vielen Stufen: die ersten Schritte, die ersten Worte, der erste Schultag. Jede Stufe, die sie erklimmten, lösten positive Gefühle aus, weil wir als Eltern sahen, dass und wie unsere Kinder sich weiter entwickelten. Im Teenageralter gab es häufig sehr spannende Situationen, mit denen beide Seiten lernen mussten, umzugehen. Es ist eine wichtige Entwicklungsphase, die zu unseren Kindern dazugehört. Auch durften wir hier die Themen Verlieben, Partnerschaft und Sexualität durch frühzeitige Aufklärungsgespräche platzieren. 
 
Irgendwann kam auch der Tag, an dem unsere Kinder durch das Tor der Jugendjahre in die Erwachsenenzeit übertraten, wo sie seinen Vater und seine Mutter verlassen sollten. Die Teenagerjahre erlebten wir als die Zeit, wo wir unsere Kinder auf diesen Tag oft mit gemischten Gefühlen vorbereiten wollten. Genau in diesem Abschnitt steckten unsere Heranwachsenden: Sie legten kindliche Verhaltensweisen ab und lernten, verantwortungsbewusste Erwachsene zu werden, die ihr Leben mit oder ohne Unterstützung selbst in die Hand nehmen möchten. Unsere Kinder auf ihr Leben als Erwachsene vorzubereiten, wollten wir ihre Denkfähigkeit fördern und ihnen helfen, eigene Entscheidungen zu treffen. Auch haben wir frühzeitig das Thema zukünftige Wohnsituationen angeschaut, damit unsere Kinder lernen, sich gedanklich mit dem Auszug vom elterlichen Zuhause zu befassen und eigene Vorstellungen davon entwickeln können. Das erleichterte auch uns als Eltern den Abnabelungsprozess erheblich.   

Wie gestaltet sich das Miteinander in dieser wichtigen Phase? Warum seinen Kindern nicht ab und zu etwas entgegenkommen und versuchen, sich in sie hineinzuversetzen? Wir nahmen uns ein, zwei Gebiete, auf denen wir unseren Kindern etwas mehr Freiheit lassen konnten, und erklärten ihnen, dass sie dadurch die Chance erhalten, Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln. Hielten sie sich an Vereinbarungen, konnten sie nach und nach mehr Freiheiten erlangen und wurden auf ein selbständiges Leben besser vorbereitet. Auch eine konstruktive Kritik gegenüber unseren Kindern war wichtig, es half, das ethische Bewusstsein unserer Kinder zu schärfen, damit sie lernen, was richtig und was verkehrt ist. Dann fühlten sich unsere Kinder auch eher motiviert, entsprechend zu handeln. Das ist besonders bei Kindern im jugendlichen Alter wichtig. Meine Sicht als Vater: «Je älter die Kinder werden, desto mehr muss man mit ihnen argumentieren, statt ihnen nur Vorschriften zu machen».
 
Eine mögliche Variante einen Konflikt zu lösen, sah ich wie folgt: Herrscht über einen Punkt Uneinigkeit, könnte man es mit einem Rollentausch versuchen. Wir fragten unsere Kinder, was sie uns raten würden, wenn sie die Eltern, und wir die Kinder wären. Weiter baten wir unsere Kinder, Informationen herauszusuchen, die für oder gegen ihren Standpunkt sprechen. Innerhalb einer Woche besprachen wir die Angelegenheit noch einmal gemeinsam. Miteinander reden ist die Grundvoraussetzung für ein gutes Miteinander, so unsere Erfahrung. Unsere Kinder wurden durch die Vorbildwirkung mit positiven Erfahrungen ausgestattet für ihren Start in ein selbständiges Leben. 

Unsre Erfahrungen mit jungen Heranwachsenden brachten folgende Erkenntnisse, die wir gern mit Ihnen teilen möchten 

«Einem Kind kann man etwas einprägen, wenn man es bestraft. Vielleicht kürzt man das Taschengeld oder erteilt ein Fernsehverbot. Bei Jugendlichen dagegen ist es besser, sie mit den Folgen ihres Verhaltens zu konfrontieren. So kann sich das Bewusstsein der Jugendlichen dahingehend entwickeln, dass sie verantwortungs- und respektvoll entscheiden und miteinander umgehen lernen.

Wichtig ist Ihr Handeln zur Vorbereitung auf ein selbständiges Leben Ihres Kindes: Sie als Eltern sollten nicht für alles geradestehen, was Ihr Kind mit Behinderung getan hat, indem Sie zum Beispiel Schulden zahlen oder eine Entschuldigung schreiben, wenn es nicht zur Schule gegangen ist. Muss Ihr Kind die Sache allein ausbaden, wird es die Lektion nicht so schnell vergessen. Bleiben Sie sich treu und stehen Sie als Vorbild hinter Ihren Prinzipien, Ihr Kind wird Sie dafür schätzen und respektieren.

Und noch eine Erfahrung, die wir gern mit Ihnen teilen möchten: Falls Sie in Erziehungsfragen an einem Punkt angelangt sind, wo Sie sich keinen Rat wissen, dann stellen Sie sich die Frage: Wenn mein Kind auf dem Weg in das Erwachsenenleben eines Tages aus dem Haus gehen sollte, kann es selbst gute Entscheidungen treffen? Kann sich Ihr Kind über sinnvolle Themen, auch über Glaubensfragen, mit anderen unterhalten? Ist es in der Lage, selbst auf seine Gesundheit zu achten? Kann Ihr Kind auch mit Geld umgehen oder seine Wohnung sauber halten? Oder kann es für ein Ziel auch einmal die Eigeninitiative ergreifen oder Verzicht auf andere Annehmlichkeiten üben? 

Bei allen Entscheidungen, die Sie für Ihr Kind treffen, denken Sie daran, dass Ihrem Kind wenig geholfen ist, wenn Sie ihm den Weg in das Erwachsenenleben ebnen. Sie möchten Ihr Kind in jeder Beziehung auf sein Leben vorbereiten, diese Haltung erleichtert Ihnen die Entscheidung in Erziehungsfragen erheblich.»

Dieser Artikel richtet sich an Eltern von Kindern mit Behinderungen und ist Teil der digitalen Begleitstelle. Haben Sie ergänzende Bemerkungen? Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung per Mail an info@enableme.ch.


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