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Hippotherapie-K®-Therapeutisches Reiten

In den 60er Jahren entwickelte die passionierte Reiterin und Physiotherapeutin Ursula Künzle aus ihrem Hobby eine neue Therapieform. Seit der ersten Hippotherapie setzt die Therapeutin die rhythmischen Bewegungen des Pferderückens gezielt in die Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen ein.

Nahaufnahme eines Pferdekopfes. | © unsplash

Am Anfang der Therapie steht der erste Kontakt mit dem Pferd. (unsplash)

Der achtjährige Daniel* zieht sich für seine erste Therapiestunde warm an. Im aargauischen Riniken ist das Wetter kühl. Daniel ist froh um seine Handschuhe, wenn das Haflinger-Pferd Timo seine Hände beschnuppert. Vorerst sitzt der Junge mit seiner Therapeutin Maja Rauber auf dem Pferd. «Ich halte Daniel dicht vor mir, und habe so beide Hände frei für therapeutische Hilfestellungen», sagt Maja Rauber. Maja Rauber arbeitet auf dem Mooshoof als selbständige Physiotherapeutin HTK (Hippotherapie-K®).

«Die Hippotherapie-K® eignet sich für Kinder und Erwachsene, die unter zentralen Bewegungsstörungen leiden», erklärt Rauber. Diese Störungen treten bei Cerebralparese (CP), Multipler Sklerose (MS), Hemiparese, Ataxie, Schädel-Hirn-Trauma und Paraplegie auf. Also auch eine günstige Therapieform für Daniel, denn der achtjährige Junge leidet von Geburt an einer ataktischen Cerebralparese.

Therapeutischer Pferderücken

«Hippotherapie-K® muss wegen ihrer medizinisch therapeutischen Zielsetzung klar vom heilpädagogischen Reiten und vom Behindertenreiten abgegrenzt werden», sagt Hans Kaufmann, Präsident der Schweizer Gruppe für Hippotherapie-K®. Hippotherapie sei ja auch kein Reiten im eigentlichen Sinn. «Bei der Therapie führen die rhythmischen Bewegungen des Pferderückens zu einer Verbesserung der Bewegungsfähigkeit in der Lendenwirbelsäule und in den Hüftgelenken der Betroffenen», sagt Kaufmann. Ebenso lockere die Therapie die überlastete und oftmals steife Muskulatur in diesen Bereichen. Bevor die Patientin beziehungsweise der Patient auf ein Therapiepferd kommt, muss das therapeutische Fachpersonal den körperlichen «Status» der zu therapierenden Person überprüfen. Das heisst, das Personal untersucht, ob die erkrankte Person überhaupt von der Gelenkbeweglichkeit und dem Zustand der Muskulatur fähig ist, die korrekte HTK-Sitzhaltung auf dem Pferd einzunehmen.

Kleinpferde bevorzugt

«Natürlich gibt es bei den Patienten zu Beginn gewisse Unsicherheiten», sagt Kaufmann. Denn auch für Menschen ohne Behinderung sei das Sitzen hoch zu Ross ungewohnt. Doch hier bietet die Therapeutin oder der Therapeut genügend Unterstützung. Anhand des Status wissen therapeutische Fachpersonen, wie sicher sich der Mensch mit Behinderung auf dem Pferd fühle.

Während das Pferd von einem ihm vertrauten und geschulten Pferdeführer beziehungsweise -führerin im Zaum gehalten wird, kontrolliert das therapeutische Fachpersonal die Sitzposition des Menschen mit Behinderung genau, gibt mündliche Anweisungen oder stützt die Beine oder den Rumpf. 
 
Für die Therapie eignen sich charakterlich einwandfreie Kleinpferde wie Isländer oder Haflinger. Sie geben der Patientin beziehungsweise dem Patienten eine gute, bequeme Sitzposition und erlauben es dem nebenher schreitenden therapeutischen Fachperson, den Reitenden während der Therapie mit den Händen zu kontrollieren. Die Schrittlänge und die Schrittfrequenz des Pferdes sollen dem normalen Schritttempo des Menschen entsprechen. Schliesslich muss das Pferd über einen ruhigen und ausgeglichenen Charakter verfügen. Wenn ein Pferd alle Qualifikationen erfüllt, erhält es eine der Therapiesituation entsprechende Schulung sowie ein regelmässiges Training.

Daniel ist sattelsicher

Daniels Therapie ist erfolgreich. Nach ein paar Monaten gelingt es ihm, die Pferdebewegungen selbständig «auszusitzen». Seine Mutter ist begeistert über den Therapieerfolg, wenn ihr Sohn nach jeder Therapie strahlend nach Hause kommt. Nach drei Jahren Hippotherapie sitzt Daniel, manchmal schwankend, aber ohne fremde Hilfe, auf dem zügig voranschreitenden Pferd. Maja Rauber geht rechts, links und auch hinter dem Pferd und kontrolliert Daniels Beckenbewegung und seine Haltung. Nun ist Daniel sattelsicher. Mit dem Therapiepferd Timo verbinden ihn viele schöne Erlebnisse. Die beiden sind gute Freunde geworden.

Kleines Mädchen beim Reiten. | © unsplash Die Pferdebewegungen tun den Patient:innen oftmals gut. (unsplash)

Wissenswertes zum Thema Hippotherapie

Der Name Hippotherapie leitet sich vom griechischen Wort Hippos (Pferd) ab. Die Hippotherapie-K® ist in der Schweiz vor rund 40 Jahren von der Physiotherapeutin Ursula Künzle an der Neurologischen Klinik Basel entwickelt worden. Ursula Künzle war in ihrer täglichen Arbeit als Physiotherapeutin mit den Problemen von Bewegungs- und Haltungsstörungen konfrontiert, die als Folge von Erkrankungen des Nervensystems aufgetreten sind. Als passionierte Reiterin kam ihr der zündende Gedanke, die Bewegungen des Pferderückens gezielt in die Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen einzusetzen.

Deckung durch Krankenkassen und Invalidenversicherung

Während in der Schweiz die Hippotherapie-K® urheberrechtlich geschützt ist, spricht man in Deutschland nur von Hippotherapie. Doch hierzulande, wie auch jenseits des Rheins muss die Therapieform jeweils vom ärztlichen Fachpersonal verschrieben werden. In der Schweiz ist Hippotherapie-K® eine von den Krankenkassen und der Invalidenversicherung anerkannte physiotherapeutische Behandlungsmassnahme.

In Deutschland ist es empfohlen, die Abdeckung durch die Krankenkassen speziell abzuklären

Physiotherapeutinnen und -therapeuten in der Schweiz erlernen die Hippotherapie-K® in einer von der Fachkommission der Schweizer Gruppe für Hippotherapie-K® organisierten Ausbildung und müssen eine Abschlussarbeit machen, um von den Versicherungen anerkannt arbeiten zu können.

Therapiestellen

In der Schweiz gibt es in 17 Kantonen Therapiestellen für Hippotherapie-K®. Ein grosses Angebot an Therapien gibt es in den Kantonen Basel-Land und Bern. Diese Kantone verfügen über eine Vielzahl an Therapeuten sowie über eigene Hippotherapie-Zentren. In anderen Kantonen wie Graubünden oder Tessin arbeiten meist selbständige Therapeuten.

*Name geändert


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