Max aus München ist neun Jahre alt. Er ist seit seiner Geburt im Rollstuhl unterwegs. Nicht immer. Max liebt es sich mit einem Fuss durch die Wohnung zu schieben und noch viel mehr liebt er Spielplätze. Schon allein das Wort «Spielplatz» bringt Max zum Strahlen. Nichts macht ihn glücklicher, als mit anderen Kindern die vielfältige barrierefreie Spielplatzwelt zu erobern. Dass Max und viele andere Kinder mit Behinderung auf dieses Vergnügen nicht verzichten müssen, dafür sorgen immer mehr barrierefreie Spielplätze in Deutschland.
Der zehnjährige Etienne aus Bern hat es noch nicht so gut. Barrierefreie Spielplätze finden sich in der Schweiz eher selten. Spielplätze, die auch für Kinder mit Behinderung gut bespielbar sind, existieren meist nur in speziellen Einrichtungen. «In Bern wird derzeit eine Bestandsaufnahme aller Spielplätze durchgeführt. Ziel ist, eine möglichst grosse Barrierefreiheit dieser Spielort zu erlangen», sagt Jan Ulrich von der Stadtgärtnerei in Bern.
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Barrierefreie Vorzeigespielplätze
Lothar Köppel, Landschaftsarchitekt aus Bayern, weiss wovon Kinder mit Behinderung träumen. Seit Anfang der 80er Jahre setzt sich Köppel mit den Themen Barrierefreiheit und barrierefreier Spielplatz auseinander.
«Ein barrierefreier Spielplatz muss die ganze Vielfalt abdecken. Eine ebene Fläche mit fünf behindertengerechten Spielgeräten ist kein lustvoller Spielort», weiss die Fachperson. Dem Landschaftsarchitekten ist wichtig, dass seine Spielplätze als «normale» Spielplätze wahrgenommen werden und von allen Menschen genutzt werden können. Ja richtig, «Menschen»! Lothar Köppel möchte mit seinen Spielplätzen Jung und Alt – Menschen mit und ohne Behinderung – zum Mitmachen animieren. Altersbeschränkungen gibt es bei seinen barrierefreien Spielplätzen ganz bewusst keine. «Je nach Fähigkeiten sollen Möglichkeiten zum Spielen bereitgestellt werden», erklärt der Landschaftsarchitekt.
Mit Know-How zum Trendsetter
Ende der 80er Jahre leistete Köppel in Deutschland Pionierarbeit. Er realisierte den ersten barrierefreien Spielplatz Deutschlands in München. In der Schweiz muss diese Pionierarbeit zum Grossteil erst noch absolviert werden. Immerhin, die Pläne dafür sind bereits vorhanden und Lothar Köppel befindet sich im Gespräch mit den Verantwortlichen aus Zürich. Dabei ist wesentlich, dass nicht nur der Spielplatz selbst barrierefrei gestaltet ist, sondern das gesamte Umfeld, sprich der Eingangsbereich, der Anreiseweg von der Wohnung und die Köpfe der Menschen. Köppel weiss:
« Bei Kindern fällt die Hemmschwelle gegenüber Kindern mit Behinderungen sofort. »
In Arbeitsgruppen mit Nutzerbeteiligung hat der Landschaftsarchitekt beobachtet, dass Kinder mit Behinderung oft besonders kreativ spielen und ihnen ihr Handicap spezielle Fähigkeiten verleiht, von denen nicht behinderte Kinder profitieren können.
Vielfalt für Spielspass
Kletter-, Rutsch- und Schaukelelemente dürfen auf keinem Spielplatz fehlen. In der Regel spielt sich das Geschehen auf barrierefreien Spielplätzen auf zwei Ebenen mit Unter- und Überführungen ab. Die Vielfalt macht den Reiz aus. Die Einbindung der Natur und Landschaft durch Baumhäuser, Heckenlabyrinth, Sinnesparcours, Sand- und Wasserspiel ist bei der Planung eines barrierefreien Spielplatzes elementar. Behindertengerechte Spielgeräte gibt es bereits serienmässig zum Beispiel bei der Schweizer Firma Bimbo aus Alpnach.
Spielplätze sind Begegnungsorte. Hier treffen sich Menschen unterschiedlichen Alters, aus verschiedenen Gesellschaftsschichten und hoffentlich auch in der Schweiz bald Menschen mit und ohne Behinderung. Damit auch Etienne beim Anblick eines barrierefreien Spielplatzes strahlen kann.