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Rollstühle für Äthiopien dank «Addis Guzo»

Rollstühle sind teuer und die Anpassung an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung erfordert umfassendes Wissen. Was aber passiert mit den gebrauchten Hilfsmitteln, wenn sie von der Besitzerin beziehungsweise vom Besitzer ausgemustert werden? Der Schweizer Verein «Addis Guzo» verfrachtet sie nach Äthiopien und hilft damit Menschen, die sich eine Versorgung nach westlichen Standards niemals leisten könnten.

Foto von einem Baum in Afrika. | © unsplash

Ein Verein versorgt Äthiopien mit Rollstühlen. (unsplash)

Rund 3,2 Millionen Menschen leben in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens. Obwohl sich das politische und wirtschaftliche Zentrum des Landes kontinuierlich entwickelt, sind viele Menschen von Armut betroffen. Kranke können es sich oft nicht leisten, sich behandeln zu lassen. Menschen mit Behinderung fehlt oft das Geld für die so dringend benötigten Rollstühle, die ihnen Erleichterung im harten Alltag schaffen würden. Ihnen zu helfen, haben sich Bernhard Wissler und seine Mitstreiter vom gemeinnützigen Verein «Addis Guzo» zum Ziel gesetzt.

Hilfsmittel-Versorgung soll verbessert werden

Der Verein wurde im Jahr 2010 gegründet, um ein seit 2005 bestehendes Rollstuhl-Projekt fortzusetzen. Seit April 2012 ist er als gemeinnützige Organisation in Äthiopien anerkannt. Um die Menschen in der Region um Addis Abeba mit Rollstühlen versorgen zu können, haben die Mitglieder von «Addis Guzo» eine Werkstatt errichtet, in der auch die Rollstühle von Bewohnerinnen und Bewohnern des Zentrums für Kriegsversehrte repariert werden. Die Arbeiten verrichten Mitarbeitende vor Ort, die unter anderem von Bernhard Wissler angelernt worden sind. Bislang haben sie schon 200 Rollstühle repariert.

Der ausgebildete Ergotherapeut und Elektromechaniker ist Inhaber des Rollstuhl-Fachgeschäfts «hock’n roll» in Bern und weiss, worauf es bei der Versorgung mit Hilfsmitteln ankommt. Für ihn ist es besonders wichtig, dass die Rollstühle auf die Bedürfnisse des Einzelnen angepasst sind. «Die Freiheit im Alltag hängt entscheidend von der Versorgung ab. Kleine, feine Abstimmungen entscheiden darüber, ob ein Rollstuhlfahrer beispielsweise die Schwelle zum Balkon überwinden kann oder nicht.»

Massgeschneiderte Lösungen sind teuer

Ein Rollstuhl kostet je nach Ausführung etwa 5000 bis 6000 Franken. Die Marge für den Händler liegt dabei zwischen 30 und 35 Prozent. Eben diese Gewinnspanne ermöglicht es Spezialisten wie Bernhard Wissler, die Hilfsmittel exakt an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen und damit deren Mobilität trotz aller Einschränkungen zu maximieren.

Bis zum perfekten Rollstuhl ist es indes ein langer Weg: Zunächst müssen in einem ausführlichen Beratungsgespräch die gesundheitliche Konstitution und die Bedürfnisse des Betroffenen abgeklärt werden. Dann rüstet Wissler einen Testrollstuhl derart um, dass er für die zwei Wochen andauernde Probephase geeignet ist – schliesslich soll die Person, die auf ein Rollstuhl angewiesen ist, im persönlichen Umfeld ausprobieren, ob sie mit dem Gefährt zurecht kommt.

Anschliessend werden die Erfahrungen mit dem Fachmann besprochen und gegebenenfalls weitere Anpassungen vorgenommen. Erst wenn Wissler sicher weiss, dass er die beste Lösung für den Kunden gefunden hat, fertigt er den individuellen Rollstuhl an.

Das Wohl der Menschen ist wichtiger als Profit

Dass diese Sorgfalt viel Mühe kostet und man mit weniger persönlichem und personellem Einsatz mehr von der Marge einbehalten könnte, interessiert Wissler nicht. Das Wohl der Kunschaft steht für ihn vor dem maximalen Profit. «Wenn ich mir die Zeit, den Rollstuhl exakt anzupassen, nicht mehr nehmen kann, interessiert mich die Arbeit nicht mehr», sagt er.

Dieses Engagement für Menschen mit Behinderung erklärt wohl auch Wisslers Engagement für Äthiopien. Der Schweizer möchte helfen, er möchte einen Beitrag leisten, dass Rollstühle, die hier nicht mehr gebraucht werden, behinderten Menschen in Afrika mehr Mobilität ermöglichen. Deshalb sammelt er die Hilfsmittel ein und transportiert sie nach Addis Abeba.

Möglich wird das auch durch die Unterstützung vieler Förderer und einer besonderen Konstellation im Schweizer Versicherungswesen. Wenn ein Rollstuhl ersetzt wird, gibt man den alten bei der Invalidenversicherung ab. Die gibt die gebrauchten Hilfsmittel an Betroffene in der Schweiz weiter – allerdings nur, wenn sie nahezu neuwertig sind. Ein Grossteil der gebrauchten Rollstühle wird daher nicht wiederverwendet, sondern an gemeinnützige Organisationen wie «Addis Guzo» gespendet. Auf diese Weise – und durch die Zuwendungen anderer Unterstützer – kann der Verein jedes Jahr fünf Container mit insgesamt rund 500 Rollstühlen nach Afrika schicken.

Um die Organisation vor Ort weiter aufzubauen, wird Bernhard Wissler bald noch einmal für neun Monate nach Äthiopien reisen. Im nächsten Jahr, wenn er sicher ist, dass das Fundament belastbar ist und das Personal in der Werkstatt zusammen mit dem Teamleiter vor Ort das Projekt stemmen können, wird er sich noch stärker um Fundraising kümmern, um noch mehr Rollstühle und Ersatzteile nach Addis Abeba zu schaffen.


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