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Integration – Der Tanz mit und ohne Rollstuhl

Das Schweizer Tanzensemble Beweggrund fördert seit 1998 den integrativen Tanz. Integrativer Tanz fokussiert nicht auf die Behinderung, sondern auf die Möglichkeiten, die aus der Vielfalt von Körper und Persönlichkeit entstehen. Tanzen mit Menschen im Rollstuhl und Fussgängern ist mehr als nur Integration auf dem Parkett.

Silhouetten von vielen Tänzer:innen. | © unsplash

Tanzen verbindet. (unsplash)

Zu rhythmischen Klängen initiiert eine Tänzerin ein enthusiastisches Drehen und Wirbeln. Immer höher schrauben sich ihre Arme – so, als wollte sie einen Stern vom Firmament holen. Eine zweite Tänzerin gesellt sich dazu, tanzt synchron mit ihrer Partnerin. Da gleitet plötzlich ein Rollstuhl übers Parkett. Gesteuert wird er von einer Frau mit Federboa über den athletischen Schultern. Mit ihrer sportiven Erscheinung und starken Aura verwickelt sie eine der Tänzerinnen in einen starken Pas de deux. 

Tänzerische Begegnung zwischen Menschen mit und ohne Behinderung ist Leitmotiv im Ballett «Pez y Pescado», einer erfolgreichen Koproduktion der Kompagnie Danza Mobile und der schweizerischen Tanzgruppe Beweggrund. Die sevillanische Kompanie Danza Mobile wurde durch den Film «Me too» (Yo tambien) weltbekannt.   

Vom Rollstuhlsport zum Tanzparkett

«Die Proben waren sehr intensiv», erinnert sich Andrea Emmenegger. «Zwei Wochen vor der Premiere war ich manchmal den ganzen Tag über auf der Tanzbühne». Andrea Emmenegger ist seit ihrem fünften Lebensjahr Paraplegikerin. Sport und Bewegung sind für sie wichtige Bestandteile im Leben: «Ich kann mich beim Sport wunderbar erholen von meinem Bürojob.» Nach einer zwölfjährigen «Karriere» im Rennrollstuhlsport stösst Emmenegger durch den Tipp einer Freundin auf die Workshops des Berner Tanzvereins Beweggrund. «Bei uns steht das Thema Behinderung nicht primär im Vordergrund», sagt Susanne Schneider, Choreografin und Mitbegründerin von Beweggrund.    

«Künstlerisch ist es spannend, wenn Menschen mit Behinderung andere Körperlichkeiten und Ansichtsweisen in den Tanz einbringen.» Tanz sei traditionell eine Kunstform der perfekten Körper – im Ballett beispielsweise seien alle Tanzenden möglichst gleich gross, gleich dünn oder gleich muskulös. Im integrativen Tanz hinterfragen die Tänzerinnen und Tänzer diese herkömmlichen Schönheitsvorstellungen

Gruppe von Balletttänzerinnen | © Unsplash (Unsplash)

Erfolge von Bern bis nach Sevilla 

Beweggrund ist 1998 in der Schweiz entstanden und hat sich zum Ziel gesetzt, den integrativen Tanz zu fördern – durch ein selbstverständliches Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen in kulturellen Projekten. Mit der erfolgreichen Bühnenproduktion «Pez y Pescado» ist Beweggrund in der Schweiz und auch ausserhalb der Landesgrenzen auf Tournee gegangen und feierte Erfolge von Bern bis Sevilla. Daneben bietet der Verein in Workshops und Kursen die Möglichkeit, in verschiedenen Tanz- und Bewebungsformen, wie z.B. Yoga, Paar- oder Ausdruckstanz seinen Körper und seine Kreativität zu erproben.   

Community Dance und Danceability 

Beweggrund orientiert sich massgeblich an den Ideen der englischen Community-Dance-Bewegung. Community Dance (Tanz in der Gemeinschaft) wurde in England zu einer Erfolgsgeschichte: Ausgehend davon, dass jeder Mensch tanzen kann und Tanz überall stattfindet, entstand seit den 1970er Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischen professionellen Tanzschaffenden und Laien. Ebenfalls Pate stand die von Alito Alessi und Karen Nelson gegründete Tanzschule DanceAbility. DanceAbility fördert durch improvisierten Tanz den künstlerischen Ausdruck von behinderten und nicht behinderten Menschen. Danceability spricht jedem Menschen, unabhängig von seiner Einschränkung, die Fähigkeit zum Tanzen zu. Jeder Einzelne tanzt nach seinen individuellen Bewegungs- und Einbringungsmöglichkeiten. 

Berührungsängste überwinden 

«Tanz benutzt im Gegensatz zu anderen Kunstformen direkt den Körper als Ausdrucksmittel», sagt Susanne Schneider. «Durch das gemeinsame Bewegen, Ausprobieren und Erarbeiten von Choreografien lernen die Tänzer sehr schnell, ihre Barrieren zu überwinden.» So gehe es darum, zu erproben, wie der Körper agiert – alleine oder im Zusammenspiel mit anderen. Diese Erfahrungen fokussieren nicht auf die Behinderung, sondern auf die Möglichkeiten, die aus der Vielfalt von Körper und Persönlichkeit entsteht. Zum Teil gibt es da von beiden Seiten Berührungsängste – im wahrsten Sinne des Wortes. Dies gilt es dann direkt anzusprechen und mit Übungen spielerisch zu überwinden. Die Tänzer und Tänzerinnen erfahren bei der Arbeit ebenso, wo ihre körperlichen und psychischen Grenzen liegen.   

«Die Proben zu Pez y Pescado waren körperlich und mental sehr anstrengend», sagt Andrea Emmenegger. «Zwischendurch probten wir auch in Sevilla, der Heimatstadt der spanischen Tänzer und so musste ich von Bern nach Spanien hin- und herpendeln. Kurz vor der Premiere hatte ich dann Lampenfieber. Die Aufführung war schliesslich ein Riesenerfolg.» 


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