Berufliche (Wieder-)Eingliederung – Unterstützung für Arbeitgebende
Die berufliche (Wieder-)Eingliederung von Arbeitnehmenden mit einer Behinderung war das grosse Thema der 6. IV-Revision. Welche Anreize bestehen für Arbeitgeber, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen?
Gegenseitige Unterstützung (Pixabay)
Tatsache ist, dass in der Schweiz nur gerade 0,8 Prozent aller Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt von Mitarbeitenden mit Behinderungen belegt werden, wie eine Umfrage des Bundesamtes für Sozialversicherungen BSV aus dem Jahr 2003 ergab. Nur 8 Prozent aller Betriebe hatten damals mindestens eine Person mit einer Behinderung angestellt. Unabhängig von politischem Druck, Gesetzesrevisionen, Frühinterventionen der Invalidenversicherung (IV) und dem Willen der Betroffenen, wieder zu arbeiten, ist insbesondere die Privatwirtschaft gefordert. Während im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes Bund, Kantone und Gemeinden zur Bereitstellung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung verpflichtet sind, berufen sich die privaten Arbeitgeber auf ihre Autonomie im Rahmen der Wirtschaftsfreiheit.
Konkret: Nur ein wettbewerbsfähiges und produktives Unternehmen mit gut ausgebauten Strukturen kann auch beeinträchtigte Personen sinnvoll beschäftigen. Wie können diese Arbeitgeber motiviert werden, Menschen mit einer Behinderung im Erwerbsleben eine Chance zu geben, wobei es auch die Verschiedenheit der Unternehmen zwischen Kleinfirma, KMU und Weltkonzern zu berücksichtigen gilt?
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Die Invalidenversicherung setzt in ihrem Handeln zwei klare Prioritäten. Sie will einerseits verhindern, dass Betroffene überhaupt aus dem Arbeitsprozess rausfallen und andererseits den Arbeitgebern durch finanzielle und praktische Unterstützung bei der Wiedereingliederung beistehen.
IV bezahlt Zuschuss
Während der Anlern- und Einarbeitungszeit kann die IV-Stelle dem Arbeitgeber einen Einarbeitungszuschuss von maximal 180 Tagen ausrichten. Konkret bezahlt der Arbeitgeber wie üblich den Lohn und erhält von der IV einen Zuschuss, in dem sämtliche Beiträge an die Sozialversicherungen eingeschlossen sind. Der administrative Aufwand für das Unternehmen hält sich in Grenzen, da alles über die reguläre Lohnbuchhaltung abgerechnet wird.
Falls die auf Vermittlung der IV eingestellte Person wegen der vorher bestehenden Krankheit erneut arbeitsunfähig wird, kann das Unternehmen eine Entschädigung beantragen und somit sein finanzielles Risiko reduzieren. Die Entschädigung beträgt pro Absenztag der versicherten Person CHF 48.– für Betriebe von 1–50 Personen und CHF 34.– für Betriebe ab 51 Angestellten. Das Anrecht auf Entschädigung besteht während zwei Jahren nach Einstellungsbeginn.
Wichtige Früherfassung
Nicht nur bei der Neueinstellung einer durch die IV vermittelten Person erhalten Arbeitgeber Unterstützung, sondern auch, wenn sich als Folge eines Unfalls, einer Krankheit oder anderer Probleme bei einem Mitarbeitenden das Risiko einer längeren Arbeitsunfähigkeit abzeichnet. Unternehmen, die in einem solchen Fall mit der kantonalen IV-Stelle Kontakt aufnehmen, erhalten Auskünfte zu Versicherungsfragen und Unterstützung mit präventiven Massnahmen, die verhindern sollen, dass die Probleme chronisch werden.
Bei Bedarf wird die betroffene Person durch einen Coach der IV-Stelle betreut. In einem Eingliederungsplan werden die vereinbarten Ziele, die entsprechenden Massnahmen (z.B. Anpassung des Arbeitsplatzes oder Ausbildungskurse) und die Verantwortlichkeiten zusammen mit allen Beteiligten festgelegt. Der Arbeitgeber erhält eine direkte Ansprechperson bei der IV-Stelle und wird nach Angaben des Bundesamtes für Sozialversicherungen aktiv in den Eingliederungsprozess einbezogen. Und auch hier sind finanzielle Entschädigungen möglich: Mit dem Ziel einer möglichst raschen und nachhaltigen Wiedereingliederung können Arbeitgeber folgende u.a. Leistungen beanspruchen:
- Einen Beitrag von bis zu CHF 60.– pro Tag während längstens 230 Tagen.
- Die Arbeitskraft erhält während der Dauer der Integrationsmassnahme ein Taggeld von der IV.
- Bei Lohnfortzahlung direkte Überweisung des Taggelds an den Arbeitgeber.
Der erste Ansprechpartner bei Problemen im Job wegen einer Beeinträchtigung ist für Arbeitgeber wie Arbeitnehmende die kantonale IV-Stelle. Das Fachpersonal dort kann in den einzelnen Fällen optimal alle möglichen Wege und Mittel aufzeigen, um beruflich wieder festen Boden unter den Füssen zu bekommen.
XtraJobs setzt bei Risiken für Arbeitgeber an
Aber auch die Arbeitgeber sind nicht untätig. Das Projekt XtraJobs ist eine Initiative der Wirtschaft für die Wirtschaft. Dabei werden Arbeitgeber bei der Anstellung von Menschen mit Behinderungen unterstützt, um kompetente Mitarbeitende mit wertvollem Know-how nachhaltig in die Arbeitswelt integrieren zu können.
XtraJobs setzt dort an, wo die meisten Anstellungen von Menschen mit Behinderung scheitern – bei den Risiken für Arbeitgeber. Damit Arbeitgeber mehr Arbeitskräfte mit Behinderung einstellen, werden diese via spezialisierten Personalverleih vermittelt und mit Coaching unterstützt. Und: Die Invalidenversicherung trägt auch hier die behinderungsbedingten Mehrkosten der Arbeitgeber.
Das Personalverleih – Konzept im Detail
Der Personalverleih funktioniert grundsätzlich wie eine herkömmliche Stellenvermittlung für Temporärarbeit und ist auf ein Jahr beschränkt.
- Die Personalverleihagentur stellt nach einem vorgängigen Assessment die betroffene Person direkt ein und bezahlt deren Lohn und die Sozialleistungen. Sie entlastet in dieser Phase zudem sowohl den Arbeitnehmenden wie auch den Einsatzbetrieb durch professionelles Coaching.
- Die betroffene Person arbeitet im Einsatzbetrieb (Unternehmen).
- Das Unternehmen entschädigt die Personalverleihagentur ausschliesslich für die von der beeinträchtigten Person erbrachten Leistungen (Leistungslohn).
- Die IV deckt während der befristeten Einstellung die behinderungsbedingten Mehrkosten, namentlich die Prämienerhöhungen für Krankentaggeld und Berufliche Vorsorge, sowie die Kosten für das Coaching.
XtraJobs geht auf eine Initiative aus Unternehmerkreisen zurück, welche der Wirtschaft bessere Rahmenbedingungen bei der Anstellung von Arbeitskräften mit Behinderung schaffen will. Die Kernorganisation wird durch das Bundesamt für Sozialversicherungen sowie die beiden Stiftungen IPT und Profil gebildet. Als Partner unterstützen der Schweizerische Arbeitgeberverband sowie der Schweizerische Gewerbeverband das Projekt.