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Jean-Marc Berset und Walter Mehr «Querschnittgelähmte des Jahres»

Jean-Marc Berset und Walter Mehr «Querschnittgelähmte des Jahres»

Für ihr ausserordentliches Engagement als Rollstuhlfahrer sind dieses Jahr Jean-Marc Berset aus Bulle und Walter Mehr aus Schenkon als «Querschnittgelähmte des Jahres» ausgezeichnet worden.

Für ihr ausserordentliches Engagement als Rollstuhlfahrer sind dieses Jahr Jean-Marc Berset aus Bulle und Walter Mehr aus Schenkon als «Querschnittgelähmte des Jahres» ausgezeichnet worden.
Bereits zum 20. Mal hat die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) die Leistungen von zwei Querschnittgelähmten gewürdigt. Die Auszeichnung «Querschnittgelähmte des Jahres» ist für Menschen im Rollstuhl bestimmt, die in ihrem Leben Aussergewöhnliches geleistet haben – sei es in der Überwindung körperlicher Behinderung, im Beruf, in der Familie, in Politik, Sport, Kunst, Wirtschaft oder für das Gemeinwohl.
Jean-Marc Berset, das Energie-Bündel
«Er ist eifrig und ein richtiger Kämpfer. Wenn er etwas im Kopf hat, dann hält ihn nichts davon ab.» Mit diesen Worten beschrieb Stiftungsratspräsident Daniel Joggi in seiner Ansprache den 52jährigen Jean-Marc Berset, einen aussergewöhnlichen Paraplegiker. «Er übt den Beruf des Bäcker-Konditors aus, leitet seine eigene Firma, gründete nach seinem Unfall eine Familie und findet – ganz nebenbei und mit über 50 Jahren – noch die Zeit dazu, mehrfacher Weltmeister und Paralympics-Medaillengewinner im Handbike zu werden.»
Selber die Initiative ergriffen
Nach seiner Lehre als Bäcker-Konditor lernte Jean-Marc Berset Fabienne kennen und plante im Juli 1983 die Hochzeit. Nur zwei Monate vor dem grossen Tag stellte ein Autounfall alles auf den Kopf, Jean-Marc Berset wurde querschnittgelähmt. «Das Schlimmste ist die Unsicherheit. Wird Fabienne bleiben? Können wir Kinder haben? All diese Fragen sind zu hart für einen Menschen, der grosse Pläne im Leben hatte», erinnert sich Jean-Marc Berset. Für seine Eltern und Freunde war es ebenfalls ein Schock.
Tun, was noch möglich ist
Die Unsicherheit seines Umfelds veranlasste ihn, selber die Initiative zu ergreifen und als Rollstuhlfahrer auf die anderen zuzugehen. Jean-Marc Berset wollte beweisen, dass man auch als Querschnittgelähmter viel erreichen und im Leben Spass haben kann. Sein Lebensmotto ist bis heute klar zu erkennen: Er konzentriert sich auf das, was noch möglich ist.
Für die Teilnahme an den paralympischen Spielen in Séoul 1988, Barcelona 1992 und Atlanta 1996 trainierte er hart und gewann mehrere Auszeichnungen und Medaillen.
Geschäft etabliert und Sportlerkarriere fortgesetzt
1987 holte er seine Heirat mit Fabienne nach und drei Jahre später wurden sie glückliche Eltern eines Sohnes, der zweite Sohn wurde 1996 geboren. Dann folgte die nächste Herausforderung: Die IV-Stelle glaubte nicht daran, dass er seinen Beruf ausüben könne und weigerte sich zunächst, die nötigen Umbauten zu unterstützen. Jean-Marc Berset blieb hartnäckig, bis Vertreter der IV sich persönlich und vor Ort von seinem Können überzeugten. Nachdem sich das Geschäft etabliert hatte und seine Kinder grösser waren, setzte er seine Sportlerlaufbahn fort. Nach weltweitem Erfolg als Handbiker gewann er dieses Jahr an den Paralympics in London Silber und Bronze.
Jean-Marc Berset nahm die Auszeichnung als «Querschnittgelähmter des Jahres» strahlend wie ein Sieger entgegen. «Dieser Augenblick bedeutet mir viel und ist sehr emotional.» Glücklich präsentierte er dem Publikum seine Urkunde, die perfekte Ergänzung zu seinen sportlichen Titeln.
Walter Mehr, die Geduld in Person
Seine beiden Buben waren 2 ½ und 4 ½ Jahre alt, seine Frau Rita im dritten Monat schwanger. Da passierte das Unfassbare: Auf der Baustelle zerbrach ein Brett unter den Füssen des 29-jährigen Zimmermanns, er stürzte acht Meter in die Tiefe. Nach einem Jahr Spitalaufenthalt und Rehabilitation kehrte er als Tetraplegiker zu seiner Familie zurück. Seine Wirbelsäule ist im Bereich des Halses gebrochen, dadurch sind sowohl seine Beine als auch seine Arme von der Lähmung betroffen. Mit anderen Worten: Er ist vollständig pflegeabhängig. Eine aussergewöhnlich schwierige Situation für die junge Familie.
Experte für Tetra-Entlastungswochen
Walter Mehr liess sich jedoch nicht entmutigen und wollte wieder einen möglichst normalen Alltag führen. Mit Schreibarbeiten stieg er wieder ins Berufsleben ein und holte sich so etwas Normalität zurück. 1995 nahm Walter Mehr als eine Art «Versuchskaninchen» an der ersten Tetra-Entlastungswoche der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV) teil.
Inzwischen ist diese Art der begleiteten Ferien zu einem Teil seines Lebens geworden. Vor 15 Jahren begann er seine Tätigkeit als Sachbearbeiter bei der SPV in der Abteilung Kultur und Freizeit und reist noch immer ein bis zwei Mal pro Jahr mit. Walter Mehr gilt heute als Experte für Tetra-Entlastungswochen, kennt die meisten Teilnehmer sowie Pfleger und nimmt Schreibarbeiten wahr. Er steht beratend zur Seite, wenn es darum geht, was vor Ort machbar ist, wie die Infrastruktur aussehen muss und was man verbessern könnte.
Die Laudatio wurde durch Urs Styger, Bereichsleiter Kultur und Freizeit der SPV sowie Gabi Bucher, Sachbearbeiterin der SPV gehalten. Die beiden Redner waren sichtlich gerührt, ihren langjährigen und geschätzten Mitarbeiter mit dem Titel «Querschnittgelähmter des Jahres» auszeichnen zu dürfen. Walter Mehr und seine Frau Rita haben es geschafft, trotz erschwerter Umstände drei wundervolle Kinder aufzuziehen und einen starken Familienbund zu erhalten.
Eine bewundernswerte Persönlichkeit
Der 58-Jährige ist und bleibt trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Abhängigkeit von anderen eine bewundernswerte Persönlichkeit. Ein Familienmensch, der gerne jasst und die Gesellschaft von Menschen liebt. Walter Mehr ist ein ruhiger, bescheidener Mann und versucht, sein Leben so gut es geht selbständig zu meistern. Was sein Umfeld ganz besonders an ihm schätzt sind seine scheinbar grenzenlose Geduld, seine Beharrlichkeit und seine Sanftmut.
Dem Geehrten stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben: «Ich bin fast sprachlos über diese Ehrung und freue mich sehr!». Mit bewegter Stimme bedankte er sich bei seinem Umfeld und ganz besonders bei seiner Frau Rita. (SPS/MyHandicap/pg)