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Binge Eating: Essanfälle

Binge Eating ist eine häufig auftretende Essstörung, die weniger bekannt ist als Magersucht oder Bulimie, weil das Verhalten oft sehr gut versteckt wird. Menschen mit Binge Eating haben Essanfälle, bei denen sie das Gefühl haben, die Kontrolle über das Essen zu verlieren.

Foto einer Frau, die einen Löffel mit Cerealien anschaut. | © unsplash

Betroffene haben oft das Gefühl, ihr Essverhalten nicht kontrollieren zu können. (unsplash)

Viele von Binge Eating Betroffene sind normalgewichtig, weil sie nach Essanfällen sehr wenig und grundsätzlich sehr kontrolliert essen. Darin steckt eins der Hauptprobleme beim Binge Eating: Man isst nicht nach Lust und Laune sondern reisst sich beim Essen immer ein bisschen zusammen. Bis die Sicherung durchbrennt.

Binge Eating – Was ist das?

Binge Eating (Binge Eating Disorder, BED) ist eine Essstörung. Betroffene leiden unter unkontrollierten Essanfällen, Essattacken, Fressorgien und so weiter. Bei diesen unterschiedlichen Begriffen handelt es sich um verschiedene Bezeichnungen für das Gleiche Problem.

Solche Essanfälle können in unterschiedlicher Häufigkeit auftreten. Einige Betroffene haben diese täglich, andere nur alle paar Wochen. Während eines Essanfalls essen die Betroffenen zwar, aber sie fühlen sich nicht satt und befriedigt, egal wie viel sie bereits gegessen haben. Wegen des haltlosen Essen kommen oft Scham- und Schuldgefühle dazu.

Warum kommt es zu den Essanfällen?

Viele Menschen mit Essanfällen essen sonst sehr kontrolliert und achten darauf, dass sie möglichst «gesunde» Nahrungsmittel zu sich nehmen. Das Essen ist bei ihnen immer ein bisschen mit Stress verbunden. Wenn sie müde sind, wenn es ihnen schlecht geht, oder wenn sie viel Stress im Leben haben, steigt der Stresspegel immer mehr, bis irgendwann die Sicherung durchbrennt und die Kontrolle verloren geht. Dazu kommt bei vielen, dass der Körper hungrig ist: Das ständige kontrollierte Essen macht gierig.

Was geben die Essanfälle Betroffenen?

Es gibt fast nichts, das so einfach geht wie Essen. Und die Belohnung kommt sofort – durch den Zuckergehalt und die Botenstoffe, die das Essen im Körper freisetzt. Es führt sofort zu einer Entspannung. Und zu Trost.

Betroffene versuchen mit dem Essen, Anspannung, Leere, Langeweile, Einsamkeit oder andere unangenehme Stimmungen in den Griff zu bekommen und ihr Bedürfnis nach Lust und Genuss, Wärme und Geborgenheit zu stillen. Teilweise erleben sie den Essanfall als eine entspannende Auszeit von ihrer üblichen Kontrolliertheit und die beste oder gar einzige Möglichkeit, sich mal gehen zu lassen. 

Welche körperlichen Folgen haben Essanfälle?

Unregelmässiges Essen und Gewichtsschwankungen werden vom Körper als Stress erlebt, oft kommt es wegen den sehr unterschiedlichen Mengen, die Betroffene zu sich nehmen, auch zu Mangelerscheinungen. Bei betroffenen Frauen kann beispielsweise als Resultat der Menstruationszyklus durcheinander kommen. Die Mangelerscheinungen können auch zu noch stärkerem Drang führen: Wenn Sie sich zum Beispiel nie Kohlenhydrate erlauben, giert der Körper irgendwann nach Kohlenhydraten. Hier schreit also nicht nur die Seele, sondern auch der Körper nach Nahrung.

Wieso ist es so schwer von Binge Eating weg zu kommen?

Durch ständige Wiederholungen hat das Gehirn der Betroffenen gelernt: «Wenn Stress, dann Kühlschrank». Es ist deshalb wichtig, dass Betroffene ihrem Gehirn auch andere Verhaltensweisen beibringen, mit denen sie «runterkommen», ausspannen, loslassen, sich fallen lassen, sich trösten können. All diese Verhaltensweisen (zum Beispiel Badewanne, Kuscheln, Faulenzen, Schmusen, Sex, Tanzen, Yoga, Stretching, Schlafengehen) werden zu Beginn nicht so gut und automatisch «wirken» wie das gelernte Verhalten «Essanfall». Erst durch stete Wiederholung – sprich Übung – wird Ihr Gehirn allmählich umlernen.

Nahaufnahme eines Mannes, der lächelnd einen Burger anschaut. | © unsplash Menschen mit Binge-Eating haben Essanfälle, bei denen sie ein Übermass an Kalorien zu sich nehmen. (unsplash)

Was Betroffene tun können: 8 Tipps

  • Welche Körpererfahrung bringt es mit sich? Frage Sie sich, was Sie aufgeben würden, wenn Sie keine Essanfälle mehr hätten: So sehr Sie darunter leiden, die Anfälle geben Ihnen irgendetwas. Was erleben Sie während einer Ess-Attacke, das Sie sonst nicht kennen?
  • Fragen Sie sich, welche alternativen Verhaltensweisen Sie entwickeln oder ausbauen könnten, um zu Lust und Genuss zu kommen, herunterzukommen und zu entspannen, sich fallen zu lassen oder um einfach mal loszulassen.
  • Üben Sie diese Verhaltensweisen. Gehen Sie dabei nicht davon aus, dass diese sich gleich so gut anfühlen werden wie ein Essanfall. Ihr Gehirn muss erst mit der Zeit durch viele Wiederholungen lernen, dass die neuen Verhaltensweisen sich gut anfühlen.
  • Wenden Sie sich an eine Beratungsstelle wie die Arbeitsgemeinschaft Ess-Störungen, wenn Sie vermuten, eine Binge Eating Essstörung zu haben. Je früher, desto besser: Ihre Lebensqualität leidet unter einem solchen Essverhalten.
  • Lassen Sie sich ärztlich untersuchen. Es gibt Mangelerscheinungen und Unverträglichkeiten,  die Essanfälle begünstigen. Beratungsstellen können Ihnen geeignete Ärzte oder Ärztinnen empfehlen.
  • Zum Kontrollverlust beim Essen kann es nur kommen, wenn das Essverhalten kontrolliert ist. Kontrolliertes Essverhalten führt zudem in Mangelzustände, die gierig machen. Daher: Machen Sie keine Diäten!
  • Besuchen Sie eine Ernährungsberatung bei einer Fachperson, die sich mit Essanfällen auskennt und den Fokus ihrer Arbeit nicht auf besonders gesundes, sondern auf lust- und genussvolles Essen legt.
  • Suchen Sie sich eine Möglichkeiten der lustvollen Bewegung (positive Ablenkung) und des genussvollen Körpererlebens. Es geht darum, innere Erfüllung zu finden, damit Sie keine Leere mit Essen stopfen müssen. Auch eine Körpertherapie kann dabei helfen.

Essanfälle und Orthorexie

Binge Eating und «gesundes» Essen sind überdurchschnittlich häufig miteinander verbunden. 

Was ist Orthorexie? 

Orthorexie nennt man auch «zwanghaftes Gesundessen». Betroffene befassen sich viel damit, was gesund und ungesund, erlaubt und verboten ist. Teilweise fühlen sie sich den «Schlechtessern» überlegen. Sie planen ihre Mahlzeiten oft lange voraus. Ihre Stimmung und ihr Körperbild können sehr davon abhängen, wie gut sie sich unter Kontrolle haben und wie gesund sie essen.

Worin ähneln sich Menschen mit Orthorexie und Binge Eating?

Es ist sehr oft so, dass Menschen mit Binge Eating ebenfalls «verbotene» und «erlaubte», «ungesunde» und «gesunde», «schlechte» und «gute» Nahrungsmittel unterscheiden. Als «gut» werden zum Beispiel Gemüse, Früchte und Eiweissprodukte erklärt. Als «Schlecht» erklärt wird typischerweise alles, was kohlehydrat- und fettreich ist.

Warum kann Orthorexie Essanfälle provozieren?

Wenn man nur «gute» Nahrungsmittel isst und die «schlechten» weglässt, kommt es zu Mangelernährung. Der Körper giert nach den für ihn eigentlich sehr wichtigen Kohlenhydraten und Fetten. Da ist es nicht erstaunlich, dass Betroffene bei einem Essanfall grosse Lust auf die von ihnen als «schlecht» erklärten Nahrungsmittel haben!

Woran erkenne ich, ob ich Orthorexie habe?

Sobald Jemand «gesund» und «ungesund» unterscheidest, und sobald ein Nahrungsmittel für diese Person nicht drin liegt, weil es «ungesund» ist, hat sie einen Hang zur Orthorexie. Ganz sicher ist Orthorexie ihr Thema, wenn gesundes Essen für sie wichtiger ist als genussvolles Essen, wenn sie sehr viel über die Ernährung nachdenkt, wenn gesunde Ernährung ihre Stimmung und ihren Selbstwert beeinflusst, wenn sie ihr Essen im Voraus planen muss und deshalb Probleme bei Einladungen und Restaurantbesuchen hat.


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