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Missbrauch: Hinschauen, ansprechen, handeln

Missbrauch: Hinschauen, ansprechen, handeln

Die Charta Prävention bewegt den gesamten Behinderten-, Pflege- und Betreuungsbereich.

Mit der Charta Prävention hat die «Verbandsübergreifende Arbeitsgruppe Prävention» nach dem Missbrauchsfall H.S. zehn Standards definiert, welche heute für die Organisationen und Institutionen im Behinderten-, Betreuungs- und Pflegebereich hilfreiche, umsetzbare Richtlinien darstellen und mithelfen, künftig Missbräuche zu verhindern. Die Arbeitsgruppe will sich nun dafür einsetzen, dass die Kantone diese Standards in ihre Vorschriften aufnehmen und sich für die Schaffung einer gemeinsamen externen Meldestelle aussprechen.
Der Skandal um den Sozialtherapeuten H.S., der am 1. Februar 2011 publik wurde, hat die gesamte Behinderten-, Betreuungs- und Pflegebranche erschüttert. 12 Organisationen aus diesem Bereich haben sich daraufhin in der «Verbandsübergreifenden Arbeitsgruppe Prävention» zusammengeschlossen und die Charta zur Prävention von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen erarbeitet.
Die Charta hilft mit, Missbräuche zu verhindern
Ein gutes Jahr nach der Verabschiedung der Charta und knapp zwei Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsfalls H.S. stellt die Verbandsübergreifende Arbeitsgruppe fest, dass die zehn in der Charta definierten Standards zu einer weiteren spürbaren Sensibilisierung der Branche geführt haben und für die Organisationen und Institutionen hilfreiche, umsetzbare Richtlinien darstellen.

«Die Charta ist kein Papiertiger, sondern ein starkes Zeichen. Hier werden Standards gesetzt, die im Alltag umgesetzt werden können und müssen und die mithelfen, künftige Missbräuche zu verhindern», betonte Ueli Affolter, Leiter der Arbeitsgruppe und Geschäftsführer von SOCIALBERN, an einer Medienkonferenz in Bern.
Kantone sollen Standards in Vorschriften aufnehmen
Affolter betonte, dass die Arbeit der Arbeitsgruppe damit längst noch nicht erledigt sei. «Prävention braucht Zeit und ist erst dann richtig wirkungsvoll, wenn Behörden, Polizei und soziales Hilfesystem am gleichen Strick ziehen und sich vernetzen», erklärte er. Die Arbeitsgruppe Prävention will sich nun unter anderem dafür einsetzen, dass die Kantone die zehn in der Charta definierten Standards in ihre Vorschriften aufnehmen und sich für die Schaffung einer gemeinsamen externen Meldestelle aussprechen, deren Mitarbeitende im Umgang mit Menschen mit Behinderung geschult sind.
Position beziehen und ansprechbar sein
Esther Gingold, Mitglied der Arbeitsgruppe und Geschäftsleitungsmitglied von Procap Schweiz, bezeichnete die Charta an der Medienkonferenz auch für die Arbeit von Selbsthilfeorganisationen wie Procap als ein geeignetes Präventionsinstrument. «Unsere Erfahrungen mit Freiwilligen und Ehrenamtlichen zeigen: Die Charta ist praxistauglich und hilfreich.» So müssen heute beispielsweise alle neuen Reiseleitenden von Procap (Freiwillige) mit ihrem Bewerbungsdossier auch einen Strafregisterauszug einreichen.
Mit der Charta wird das Hinschauen in der Praxis normal
Kathrin Wanner, Geschäftsführerin der Behindertenwerke Oberemmental (BWO), berichtete an der Medienkonferenz aus der Praxis und betonte: «In meiner Institution sind wir täglich mit den Themen ‹Nähe und Distanz›, Sexualität und Machtgefälle zwischen Person mit Behinderung und Betreuenden konfrontiert.»
Das Ausmass von körperlicher Nähe sei vom Selbständigkeits- und Beeinträchtigungsgrad der zu unterstützenden Person abhängig. «Je schwerer die Beeinträchtigung ist, desto mehr Nähe ist in der Unterstützung nötig.» Kathrin Wanner zeigte sich davon überzeugt, dass die Institutionskultur ein wichtiges Element zur Verhinderung von Missbräuchen ist. «Wir sind uns aber auch bewusst, dass die Kultur und Haltungen alleine zur Vermeidung von Missbräuchen nicht genügen.» Ebenso wichtig seien das Festlegen von Abläufen, von Vorgaben, Verpflichtungen sowie eine hohe Professionalität des Personals.
Verschärfte Kontrolle bei Anstellungen
Dank der Charta Prävention, erklärte Wanner, sei es für ihre Institution normal geworden, bei Anstellungen oder freiwilliger Tätigkeit einen Strafregisterauszug einzufordern und zwei Referenzen statt nur eine einzuholen, bei Lebensläufen vermehrt auf die Anstellungsdauer zu achten und dem Schreiben und Interpretieren von Zeugnissen eine grosse Bedeutung bei zu messen.
Zudem führten die BWO heute regelmässig Weiterbildungen zu ihrem Präventionskonzept, zum Vorgehen bei sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch und zum Sexualkonzept für das gesamte Personal durch. «Klar ist jedoch: Papiere und Massnahmen alleine können ihre Wirkung erst entfalten, wenn sie in die tägliche Betreuungsarbeit integriert und von uns allen gelebt werden.» (Procap/MyHandicap/pg)