Erfolg im Kampf gegen Gangblockaden bei Parkinson
Erfolg im Kampf gegen Gangblockaden bei Parkinson
Neue Therapie mit kombinierter Hirnstimulation hilft.
Die tiefe Hirnstimulation (THS) wird seit vielen Jahren erfolgreich zur Therapie der fortgeschrittenen Parkinson-Krankheit angewandt. Bisher wurde jedoch nur ein Zielgebiet im Gehirn stimuliert. Tübinger Neurowissenschaftlern ist es nun weltweit erstmals gelungen, ein kombiniertes Verfahren zu entwickeln, das zwei Areale gleichzeitig stimuliert.
Die kombinierte Therapie scheint ein wesentliches Problem der Parkinsonbehandlung zu lösen: Sie verbesserte in der Tübinger Studie die sonst kaum kontrollierbaren Gangblockaden der teilnehmenden Patienten. Die Therapie dieser Blockaden, die auch Freezing genannt werden, ist für Betroffene von grosser Bedeutung.
In die Studie der Tübinger Hirnforscher Dr. med. Daniel Weiss und Professor Dr. med. Rejko Krüger waren 12 Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom eingeschlossen. Unter häuslichen Alltagsbedingungen verglichen die Experten bei den Teilnehmern, für jeweils drei Wochen, beide THS-Verfahren. „Dieser ausreichend lange Zeitraum ist wichtig, damit sich Gehirn und Körper an die neue Einstellung gewöhnen und man sicher ausschliessen kann, dass vorherige Einstellungen das Gangbild beeinflusst haben könnten“, erklärt Krüger.
Verbesserung der Gangblockade um zirka 40 Prozent
Die kombinierte Stimulation wurde von den Patienten gut vertragen und konnte sicher eingesetzt werden. Die in ihrer Mobilität stark beeinträchtigten Parkinsonkranken erzielten durch die kombinierte Hirnstimulation eine Besserung der Gangblockade um zirka 40 Prozent im Vergleich zur bisherigen bestmöglichen Therapie. Auch die Lebensqualität war nach drei Wochen durch die gesteigerte Mobilität bereits leicht verbessert.
„Vor allem Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit entwickeln Gangstörungen, die schlecht auf gängige Parkinsonmedikamente ansprechen und auch mit der gewöhnlichen Stimulation des Nucleus subthalamicus kaum kontrollierbar sind. Diese Störungen können ein sehr grosses Problem bei der Behandlung darstellen“, sagt dazu Professor Dr. med. Joseph Classen, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig.
Stimulation einer kleinen Nervenzell-Struktur
Bei der tiefen Hirnstimulation werden in genau definierten Regionen des Gehirns Elektroden implantiert. Bei der herkömmlichen THS ist das Zielgebiet der Nucleus subthalamicus (STN). Diese Hirnregion ist Teil der komplexen motorischen Steuerung von zielgerichteten Bewegungen. Die kombinierte THS stimuliert zusätzlich die Substantia nigra pars reticulata (SNr). Sie ist eine kleine Nervenzell-Struktur, die an das untere Ende des STN angrenzt.
„Dieser Teil eines Kernkomplexes im Mittelhirn scheint stärker mit Gang und Gleichgewicht in Verbindung zu stehen als der STN. Diese SNr ist bei Parkinson-patienten nämlich überaktiv und wirkt dadurch vermutlich übermässig hemmend auf Gang und Gleichgewicht“, erläutert Krüger die Gründe für die Auswahl des zusätzlichen anatomischen Zielpunktes. (HIH/MyHandicap/pg)