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Psychose: Zwischen Realität und Wahn

Was ist real, was nicht? Kann ich meiner Wahrnehmung noch trauen? Für Menschen, die unter einer Psychose leiden, gehören diese Fragen zur alltäglichen Herausforderung. Falls es Ihnen auch so geht - Sie sind nicht alleine! Wir geben Ihnen hilfreiche Tipps, wie Sie als Betroffene:r erkennen können, ob Sie möglicherweise erkrankt sind und wie es Ihnen bald wieder besser geht.

Eine Frau im weissen T-Shirt hält sich die Ohren zu und die Augen fest geschlossen. | © pexels Die Symptome einer Psychose können beängstigend sein. (pexels)

Stellen Sie sich vor, Sie setzen eine VR-Brille auf und betreten eine völlig andere Welt. Plötzlich sind Sie umgeben von lebendigen Farben, schwebenden Gegenständen und fantastischen Landschaften. Objekte, die für andere unsichtbar sind, erscheinen Ihnen real und greifbar. Gestalten existieren nur für Sie. Die Bilder, die Töne, die Gefühle – all das ist für Sie wahrhaftig, auch wenn es für andere unsichtbar bleibt.

Genauso fühlt sich eine Psychose an. Der Begriff «Psychose» fasst eine Vielzahl an psychischen Störungen zusammen, bei denen Betroffene die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Ihr Bezug zur Realität ist verzerrt. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zur VR-Metapher: Personen mit einer Psychose wissen nicht, dass sie diese VR-Brille tragen und darum Dinge sehen und hören, die andere Menschen nicht wahrnehmen. Und das kann unglaublich beängstigend kein. Kein Wunder also, dass Betroffene oft das Gefühl haben, den Boden unter den Füssen zu verlieren.

Zusätzlich herrscht in der Gesellschaft nach wie vor das falsche Vorurteil «Personen mit Psychose sind unberechenbar und gefährlich». Die Suche nach professioneller Hilfe ist damit für Betroffene aus Angst vor Stigmatisierung mit einem grossen Sprung über den eigenen Schatten verknüpft.

Dabei sind Psychosen Erkrankungen wie jede andere auch und können jeden treffen. Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung erleben im Laufe ihres Lebens eine Psychose. Die Ursachen sind vielfältig und oft unbekannt. Doch es gibt einige Faktoren, die eine Erkrankung begünstigen können, z.B. genetische Veranlagung, Änderung im Stoffwechsel, starker Konsum von wahrnehmungsverzerrenden Substanzen in jungen Jahren oder viel Stress.

Die gute Nachricht ist: Es gibt Hoffnung auf Besserung. Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung kann die Mehrheit der Betroffenen wieder ein normales Leben führen. Der Schlüssel liegt in der frühen Erkennung und Behandlung.

Darüber sprechen hilft

Ein Leben mit einer psychischen Krankheit bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden. Teilen Sie Fragen und Herausforderungen bei einem persönlichen Peer-Austausch oder stellen Sie Ihre Fragen anonym und kostenlos in unserer Community.

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Symptome

Die Symptome einer Psychose können sehr unterschiedlich sein, sowohl in ihrer Ausprägung als auch in ihrer Kombination. Hier sind einige der häufigsten und typischen Symptome:

Wahnvorstellungen

Betroffene leiden unter Wahnvorstellungen, d. h. haben «falsche Vorstellungen» der Welt und der Dinge darin. Beispielsweise leiden sie unter Verfolgungswahn oder Grössenwahn. Sie beziehen allgemeine Ereignisse auf sich selbst oder interpretieren bestimmte Gegenstände und Personen fälschlicherweise als Gefahr.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Sie fühlen sich häufig verfolgt und beobachtet, als ob eine unsichtbare Bedrohung Ihnen auf Schritt und Tritt folgt. Selbst in Ihren eigenen vier Wänden fühlen Sie sich nicht sicher.
  • Es scheint, als hätten bestimmte Personen oder Organisationen es auf Sie abgesehen, selbst wenn es dafür keine objektiven Anhaltspunkte gibt. Jedes zufällige Geräusch oder jeden flüchtigen Blickkontakt interpretieren Sie als Beweis dafür.
  • Sie sind überzeugt, aussergewöhnliche Fähigkeiten oder eine besondere Bedeutung zu haben. Sie denken etwa, dass Sie für das Wohl der Welt verantwortlich sind oder mit übernatürlichen Kräften in Verbindung stehen. Diese Überzeugung kann so stark sein, dass Sie riskante oder untypische Verhaltensweisen zeigen.

Halluzinationen

Betroffene erleben Halluzinationen, das heisst, sie nehmen Reize wahr, die in der Realität nicht existieren. Dies kann akustische Halluzinationen wie das Hören von Stimmen umfassen, aber auch optische Halluzinationen, Gerüche und Berührungen sind möglich.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Sie hören Stimmen, die Ihren Namen rufen, Ihnen Befehle geben oder über Sie sprechen, obwohl niemand sonst im Raum ist. Diese Stimmen können bedrohlich, kritisch oder befehlend sein, was starke Ängste und Verwirrung auslösen kann.
  • Alltägliche Gegenstände und Menschen verändern plötzlich ihre Form oder Farbe, was sehr verwirrend und beängstigend sein kann. Ein Stuhl kann sich in eine bedrohliche Kreatur verwandeln oder ein freundliches Gesicht zu einer schrecklichen Maske werden.
  • Schatten oder Gestalten erscheinen an den Wänden oder in den Ecken Ihres Blickfeldes, obwohl niemand dort ist. Diese Erscheinungen können sich bewegen oder Gesten machen, was ein starkes Gefühl der Verfolgung erzeugt.
  • Es kommen Ihnen Gerüche in die Nase, die stark und intensiv sind, obwohl es keine erkennbare Quelle dafür gibt. Diese Gerüche können angenehm, aber auch sehr unangenehm oder beängstigend sein, wie der Geruch von Rauch oder Verwesung.

Ich-Störungen

Betroffene erleben ihren eigenen Körper, ihre Gedanken und Gefühle als fremd. Sie haben das Gefühl, dass andere ihre Gedanken hören, entziehen oder beeinflussen können.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Es fühlt sich an, als könnten andere Ihre Gedanken wie ein offenes Buch lesen, was Sie sehr verletzlich macht. Blicke oder zufällige Bemerkungen Ihrer Mitmenschen sehen Sie als Bestätigung dieses Gefühls.
  • Sie haben den Eindruck, dass Ihre Gedanken von aussen gesteuert oder sogar entzogen werden, was ein tiefes Gefühl der Machtlosigkeit hervorruft. Es ist, als ob jemand einen Schalter in Ihrem Kopf umlegt und Ihre Gedanken manipuliert.
  • Ihre eigenen Gefühle erscheinen Ihnen fremd, als würden sie nicht zu Ihnen gehören. Selbst intensive Emotionen wie Freude oder Trauer wirken wie ferngesteuert oder unecht.

Denkstörung

Betroffene haben eine gestörte Gedankenabfolge, was zu Zerfahrenheit, sprunghaften Gedankengängen oder plötzlichen Gedankenabbrüchen ohne erkennbaren Grund führen kann.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Ihre Gedanken springen ohne erkennbaren Zusammenhang von einem Thema zum nächsten, was es schwierig macht, klar zu denken oder Gespräche zu führen. Es ist, als ob Ihre Gedanken in einem ständigen Durcheinander gefangen sind.
  • Sie beginnen einen Satz und vergessen plötzlich, was Sie sagen wollten, was sehr frustrierend sein kann. Dieses plötzliche Abbrechen des Gedankengangs kann mitten in einem wichtigen Gespräch oder einer Aufgabe passieren.
  • Ihr Kopf fühlt sich an, als wäre er mit zu vielen Gedanken gleichzeitig gefüllt, was überwältigend ist. Sie können keine Prioritäten setzen oder klare Entscheidungen treffen.

Sozialer Rückzug

Betroffene ziehen sich zunehmend von Freunden und Bekannten zurück.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Sie haben das Bedürfnis, sich in Ihrem Zimmer zu verkriechen und die Tür vor der Welt zu verschliessen, weil soziale Interaktionen zu anstrengend sind. Selbst der Gedanke an ein kurzes Gespräch kann Panik oder Erschöpfung auslösen.
  • Der Gedanke daran, das Haus zu verlassen und unter Menschen zu sein, verursacht grosse Angst und Unbehagen. Die Welt draussen erscheint Ihnen feindlich und unberechenbar.
  • Sie meiden Anrufe und Besuche, selbst von engen Freunden und Familienmitgliedern, weil Sie sich emotional überfordert fühlen. Jeder Kontakt wird als potenzielle Gefahr oder Belastung wahrgenommen.

Emotionslosigkeit

Betroffene können weder positive noch negative Emotionen empfinden.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Dinge, die Ihnen früher Freude bereitet haben, lassen Sie nun völlig kalt. Es ist, als wäre eine unsichtbare Barriere zwischen Ihnen und der Welt. Selbst in glücklichen Momenten fühlen Sie sich leer und distanziert.
  • Es fühlt sich an, als wären Sie unter einer Glasglocke gefangen, durch die keine Emotionen hindurchdringen können. Diese Isolation kann zu Einsamkeit und Entfremdung führen.

Antriebslosigkeit

Betroffene haben grosse Schwierigkeiten, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen.

Wie sich das anfühlen kann:

  • Selbst einfachste Tätigkeiten wie Duschen oder Einkaufen fühlen sich an, als würden sie eine enorme Menge an Energie erfordern, die Sie nicht haben. Jeder Schritt wird zur Herausforderung, jeder Handgriff zur Überwindung.
  • Sie lassen alltägliche Aufgaben wie Haushalt und Körperpflege schleifen, weil Sie einfach nicht die Kraft finden, sie anzugehen. Das Chaos um Sie herum spiegelt Ihr inneres Gefühl der Überforderung wider.
  • Das Aufstehen aus dem Bett wird zu einem täglichen Kampf, da jede Bewegung und jeder Schritt eine immense Anstrengung darstellen. Es ist, als ob ein unsichtbares Gewicht Sie nach unten zieht und jede Aktivität unmöglich macht.

Bei Verdacht auf Symptome bei Ihnen selbst oder bei einer Person in Ihrem nahen Umfeld, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe ins Boot zu holen.

Grafik einer Frau mit VR-Brille, die von gruseligen Gesichtern umkreist ist. Die Frau ist verängstigt. | © EnableMe Eine Psychose fühlt sich für Betroffene an, als hätten sie eine VR-Brille auf, ohne es zu wissen. (EnableMe)

Psychose-Typen

Es gibt viele verschiedene Formen und Unterarten von Psychosen, jede mit ihren eigenen Herausforderungen und Merkmalen. Hier sind die fünf häufigsten Typen, die Betroffene und ihre Angehörigen besonders belasten können.

Primäre und sekundäre Psychose

Eine primäre Psychose entsteht aus einer psychischen Erkrankung selbst, ohne dass eine andere medizinische Ursache dahintersteckt. Eine sekundäre Psychose hingegen tritt als Folge einer anderen, meist körperlichen Erkrankung oder durch Substanzeinnahme auf. Diese Art der Psychose kann durch neurologische Erkrankungen wie Hirntumore, Infektionen des Gehirns, Stoffwechselstörungen, Drogenmissbrauch oder bestimmte Medikamente ausgelöst werden. In diesem Fall ist die Psychose ein Symptom oder eine Folge einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung oder eines externen Einflusses

Schizophrenie

Die Schizophrenie ist weder eine Persönlichkeitsstörung noch eine Persönlichkeitsspaltung, wie oft fälschlicherweise angenommen wird. Stattdessen handelt es sich um eine Form der Psychose, die vor allem Störungen in der Wahrnehmung und im Denken hervorruft. Menschen mit Schizophrenie erleben die Welt auf eine Weise, die für andere oft schwer nachvollziehbar ist. Diese Krankheit kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen tiefgreifend beeinflussen.

Schizoaffektive Störung

Bei der schizoaffektiven Störung leiden Betroffene sowohl unter psychotischen Symptomen als auch unter affektiven, also stimmungsbezogenen Symptomen. Das bedeutet, dass sie nicht nur Wahnvorstellungen oder Halluzinationen haben, sondern auch unter extremen Stimmungsschwankungen oder Depressionen leiden. Diese Kombination kann besonders belastend sein, da die emotionalen und psychotischen Herausforderungen gleichzeitig auftreten und sich gegenseitig verstärken können.

Kurze psychotische Störung

Die kurze psychotische Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der eine Person plötzlich psychotische Symptome entwickelt, die jedoch nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Diese Episoden, die oft durch schwere Stresssituationen, Drogenkonsum oder Schlafmangel ausgelöst werden, dauern normalerweise weniger als einen Monat. Die plötzliche und intensive Natur dieser Symptome kann sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen sehr beängstigend sein, aber mit Behandlung und Ruhe können sie schnell wieder abklingen.

Wahnhafte Störung (Paranoia)

Die wahnhafte Störung, auch als Paranoia bekannt, ist durch das Vorhandensein langanhaltender Wahnvorstellungen ohne andere prominente Psychose-Symptome gekennzeichnet. Personen mit dieser Störung können in vielen Lebensbereichen normal funktionieren und verhalten sich oft unauffällig, ausser in Bezug auf ihre Wahnvorstellungen. Beispiele für solche Wahnvorstellungen sind Verfolgungswahn, Eifersuchtswahn, Grössenwahn oder Liebeswahn. Diese Überzeugungen sind fest verankert und können das Leben der Betroffenen stark beeinflussen.

Wochenbettpsychose (Postpartale Psychose)

Die Wochenbettpsychose ist eine schwere psychische Erkrankung, die nach der Geburt eines Kindes auftreten kann. Sie ist durch plötzliche und intensive psychotische Symptome gekennzeichnet, die sich innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt entwickeln. Zu den möglichen Symptomen gehören Wahnvorstellungen, Halluzinationen, desorganisiertes Denken sowie extreme Stimmungsschwankungen und verändertes Verhalten, wie Unruhe oder Gedächtnisprobleme. Die Ursachen sind nicht vollständig geklärt, doch hormonelle Veränderungen sowie die körperlichen und emotionalen Herausforderungen der Geburt und des Elternseins können eine Rolle spielen. Mit der richtigen Behandlung können sich die Symptome meist relativ schnell verbessern.

Ich habe vielleicht eine Psychose, was tun?

Psychosen sind oft behandelbar und werden nur selten chronisch. In den meisten Fällen aber verschwinden sie nicht von selbst. Deswegen: Wenn Sie das Gefühl haben, an einer Psychose zu leiden, zögern Sie nicht und suchen Sie sofort eine Klinik oder Fachperson auf. Unterstützung und Behandlung sind entscheidend für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden. Je früher Sie sich behandeln lassen, desto besser sind ihre Heilungschancen.

Mögliche Anlaufstellen in der Schweiz sind:

Die Behandlung einer Psychose ist vielschichtig und sollte individuell angepasst werden. Sie umfasst in der Regel:

  • Medikamentöse Behandlung: Einnahme von Antipsychotika, eventuell ergänzt durch Stimmungsstabilisieren oder Antidepressiva. Diese Medikamente helfen, die Symptome zu kontrollieren und eine Rückkehr zur normalen Funktionsfähigkeit zu ermöglichen.
  • Psychotherapie: Eine wichtige Ergänzung zur medikamentösen Behandlung. Sie hilft Betroffenen, besser mit den Symptomen umzugehen und ihre Gedanken und Überzeugungen zu hinterfragen und zu verändern.
  • Zusätzliche Massnahmen: Kriseninterventionen und langfristige Rehabilitation können erforderlich sein, um die Stabilität zu fördern und die Rückkehr in den Alltag zu erleichtern. Diese Massnahmen bieten umfassende Unterstützung und fördern die langfristige Genesung.

Kostenübernahme

In der Schweiz übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine ärztliche Behandlung, wenn eine nachgewiesene Psychose vorliegt und von einer anerkannten Fachperson behandelt wird. Für genaue Informationen zur Kostenübernahme sollten Sie sich bei Ihrer Krankenversicherung oder den zuständigen Behörden erkundigen. Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden stehen im Mittelpunkt, und es gibt Unterstützung, die Ihnen hilft, Ihren Weg zur Genesung zu finden.


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