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Die psychische Gesundheit wiederherstellen

Die Rehabilitation in der psychischen Gesundheit ist ein zentrales, jedoch oft wenig bekanntes Konzept. Im Gegensatz zur traditionellen Vorstellung von Heilung handelt es sich dabei um einen Prozess, der darauf abzielt, trotz psychischer Krankheiten oder Abhängigkeiten ein sinnvolles und selbstbestimmtes Leben zu führen. Das Hauptziel liegt nicht allein in der Bewältigung oder Linderung von Symptomen, sondern vor allem in der Wiederherstellung der Lebensqualität.

 Zwei Personen halten gemeinsam einen kleinen Topf mit einer grünen Pflanze. Die Hände symbolisieren Fürsorge, Zusammenarbeit und Teilen, während die Pflanze für Wachstum und Hoffnung steht. | © pexels

Gemeinsam Wachsen: Unterstützung und Hoffnung in der mentalen Gesundheit. (pexels)

Seit sieben Jahren begleitet Roxane Mazallon Menschen in ihrem individuellen Rehabilitationsprozess und schult zudem Fachkräfte in diesem Ansatz. Als Peer-Beraterin für psychische Gesundheit stützt sie sich auf ihre eigenen Erfahrungen mit psychischen Krankheiten und Abhängigkeiten, um Inspiration, Orientierung und Hoffnung zu vermitteln.

Dieser Artikel möchte Betroffenen und Fachkräften konkrete Ansätze bieten, um das Konzept der Rehabilitation besser zu verstehen und die Schlüsselrolle der Peer-Berater:innen hervorzuheben.

Die Rolle der Peer-Begleitung: Unterstützung durch gelebte Erfahrung

Peer-Berater:innen für psychische Gesundheit (PPSG) sind Personen, die selbst Erfahrungen mit psychischen Krankheiten oder Abhängigkeiten gemacht haben und andere auf ihrem Weg unterstützen.

Die Rolle der Peer-Berater:innen basiert auf der zentralen Idee, die eigene Erfahrung zu nutzen, um andere zu inspirieren und zu begleiten. Durch das Teilen ihres Erlebten und der Werkzeuge, die ihnen bei ihrer Genesung geholfen haben, unterstützen sie Betroffene dabei, ihre Krankheit und Symptome besser zu bewältigen. Im Gegensatz zu einer rein medizinischen Begleitung hebt dieser Ansatz Menschlichkeit, Zuhören und Empathie hervor, die aus der geteilten Erfahrung entstehen. Dies ist ein wesentlicher Pfeiler, um Hoffnung und Selbstbestimmung zu fördern.

Die Grundprinzipien der Genesung

Die Genesung basiert auf universellen Prinzipien1, die für alle Arten psychischer Krankheiten anwendbar sind, unabhängig von deren Schweregrad. Ja, Rehabilitation ist möglich, zeigt sich jedoch bei jeder Person unterschiedlich:

Selbstbestimmung und Empowerment

Betroffene haben die Möglichkeit, aktive Gestalter:innen ihres Rehabilitationsprozesses zu werden. Die Rolle der Peer-Berater:innen ist hierbei entscheidend: Sie verkörpern das Beispiel, dass ein Neuanfang machbar ist, und begleiten die Menschen auf diesem Weg.

Hoffnung

Ein lebendiges Modell der Rehabilitation, wie einen Peer-Berater:innen, zu erleben, kann die notwendige Hoffnung wecken – sowohl bei Betroffenen als auch bei Fachkräften oder Angehörigen. Ähnlich wie ein lokaler Reiseführer bei einer unbekannten Stadtbesichtigung Zeit spart, können Peer-Berater:innen den Wiederherstellungsprozess effizienter gestalten.

Soziale Verbindungen

Rehabilitation ist ein komplexer Prozess, der nicht allein bewältigt werden kann. Besonders das Netzwerk der betroffenen Person sowie die Unterstützung durch Peers, Fachkräfte oder Angehörige nehmen in diesem Prozess eine zentrale Rolle ein. Die Chancen auf Rehabilitation steigen, wenn die Person unterstützende Bezugspersonen in ihrem Umfeld hat.

Diese Prinzipien erweitern die rein medizinische Perspektive um essenzielle menschliche und soziale Dimensionen der Rehabilitation, denn diese ist nicht gleichbedeutend mit dem Fehlen von Symptomen oder Krankheiten.

Die Schlüsselphasen der Rehabilitation

Rehabilitation ist ein komplexer, individueller und leider nicht linearer Prozess. Dennoch lassen sich einige häufig beobachtete Phasen identifizieren, die Fachkräften und Angehörigen helfen können, ihre Unterstützung anzupassen. Die folgenden Phasen basieren auf wissenschaftlichen Studien und dienen als Orientierung2.

1. Bewusstwerdung

Der Moment, in dem die Person erkennt, dass Veränderung möglich ist und erste Schritte zur Verbesserung identifiziert.

2. Akzeptanz

Hier geht es darum, die eigene Situation ohne Urteil anzuerkennen, die eigenen Schwächen zu akzeptieren und offen für Veränderungen zu bleiben, während gleichzeitig die eigenen Stärken erkannt werden, um die Herausforderungen der Krankheit zu bewältigen.

3. Handeln und Verantwortungsübernahme

Dies ist eine entscheidende Phase, in der es darum geht, die Symptome zu bewältigen, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und sich aktiv an bedeutungsvollen Aktivitäten zu beteiligen.

4. Wachstum oder «Leben in der Rehabilitation»

Das Schaffen oder Wiederaufbauen stabiler Grundlagen sowie die Identifizierung oder der Aufbau eines unterstützenden Umfelds helfen, Fortschritte aufrechtzuerhalten und potenzielle Rückfälle besser zu bewältigen.

Peer-Berater:innen können mit ihrer persönlichen Erfahrung jede Phase entscheidend bereichern, indem sie ihre Erkenntnisse teilen und die Betroffenen ermutigen, ihre Zweifel zu überwinden und Fortschritte zu machen.

« Das Ziel ist nicht nur die Bewältigung der Symptome, sondern die Rückgewinnung der Lebensqualität. »
Roxane Mazallon

Eine ganzheitliche Herangehensweise und Werkzeuge der Rehabilitation

Die Rehabilitation setzt auf eine ganzheitliche Perspektive, geteilte Verantwortung und wesentliche Werkzeuge, die das allgemeine Wohlbefinden fördern:

  • Medizinische Unterstützung: Therapien und gegebenenfalls Medikamente spielen eine wichtige Rolle, sollten jedoch durch persönliche Bemühungen, soziale Netzwerke und gesunde Lebensgewohnheiten ergänzt werden.

  • Netzwerke und Peer-Unterstützung: Der Austausch mit Gleichgesinnten und ein unterstützendes Umfeld schaffen Verständnis und fördern soziale Verbindungen.

  • Wohlfühlaktivitäten: Bewegung, Entspannung oder kreative Hobbys tragen zu einem gesunden mentalen Gleichgewicht bei.

Rehabilitation bedeutet, über Symptomkontrolle hinauszugehen, Autonomie, Lebenssinn und Hoffnung zu stärken und soziale Beziehungen zu fördern. Dies erfordert eine Sensibilisierung von Fachkräften für diesen ganzheitlichen Ansatz.

Darüber sprechen hilft

Ein Leben mit psychischen Krankheiten bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden. Teilen Sie Fragen und Herausforderungen bei einem persönlichen Peer-Austausch oder stellen Sie Ihre Fragen anonym und kostenlos in unserer Community.

Zu den Austausch-Programmen

Wir danken Roxane Mazallon herzlich für dieses Artikel-Interview. Roxane Mazallon ist Trainerin, Beraterin, Peer Mental Health Practitioner (PPSM), Gründerin von Adopt1pair.com und Fachperson bei EnableMe.

 

Franck, N., & Cellard, C. (2020). Peer-Unterstützung in der psychischen Gesundheit: Eine professionalisierte gegenseitige Hilfe. [Elsevier].

Leamy, M., Bird, V., Le Boutillier, C., Williams, J., & Slade, M. (2011). Konzeptuelles Rahmenwerk für persönliche Genesung in der psychischen Gesundheit: Systematische Überprüfung und narrative Synthese. The British Journal of Psychiatry, 199(6), 445–452. https://doi.org/10.1192/bjp.bp.110.083733
Slade, M. (2009). Persönliche Genesung und psychische Erkrankungen: Ein Leitfaden für Fachleute im Bereich psychische Gesundheit. Cambridge University Press. https://doi.org/10.1017/CBO9780511581649

 


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