«Back to Study»: so gelingt der Start für Studierende mit Behinderungen
Der Studienstart steht vor der Tür. Für viele junge Menschen der Beginn eines aufregenden, neuen Lebensabschnittes. Für Studierende mit Behinderungen und/oder chronischen Krankheiten kann er aber auch viele Fragen aufwerfen.
Obwohl viele Studierende bereits Strategien im Umgang mit ihrer Behinderung oder Krankheit entwickelt haben, kann der Studienstart neue Fragen aufwerfen. (pexels)
Studierende mit Behinderungen haben meist sehr hohe Ansprüche an sich selbst und geben einfach alles. Viele haben auch bereits Strategien entwickelt, wie sie mit ihrer Behinderung und/oder chronischen Krankheit umgehen. Dennoch kann der Studienstart neue Fragen aufwerfen: Kann ich meine Hilfsmittel verwenden? Wo nehme ich meine Medikamente ein? Gibt es Rückzugsmöglichkeiten? Was ist die für mich passendste Lern- und Arbeitsstrategie? Und wie organisiere ich mich?
Längst wird nämlich nicht nur der Stereotyp «Rollstuhlfahrer» behindert, sondern auch Menschen mit chronischen, neurologischen oder psychischen Erkrankungen sowie Menschen mit Sinnesbehinderungen und neurodiverse Personen. Gesundheitszustände können sichtbar oder nicht sichtbar sein, vorübergehend oder dauerhaft, statisch, schubförmig oder degenerierend, schmerzhaft oder unbedeutend.
Was ist eine Behinderung?
Zu den Menschen mit Behinderungen zählen gemäss Definition der Vereinten Nationen (UNO) Personen, die langfristige körperliche, seelische oder geistige Behinderungen haben sowie mit Sinnesbeeinträchtigungen leben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.
Ein Überblick über die verschiedenen Behinderungsformen zeigt, mit welchen Herausforderungen Studierende mit Behinderungen konfrontiert sein können.
Die vielfältigen Bedürfnisse von Studierenden mit Behinderungen
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Studieren mit chronischen Krankheiten
Wenn Einschränkungen die Betroffenen langfristig daran hindern, am studentischen oder privaten Leben teilzunehmen, wird von einer chronischen Erkrankung oder Behinderung gesprochen. Beispiele dafür sind Diabetes, Krebs oder Herzerkrankungen.
Obwohl chronische Erkrankungen sehr vielseitig sind, äussern sie sich oft in nicht sichtbaren Symptomen, wie Ermüdungserscheinungen (auch Fatigue) oder Schmerzen. Für Studierende mit chronischen Erkrankungen bedeutet das, dass körperlich anstrengende Arbeiten möglichst vermieden und ausreichend Pausen eingeplant werden sollten. Ausserdem hilft es, einen Rückzugsort für Powernaps oder zur Einnahme von Medikamenten zu finden.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit chronischen Krankheiten: Erinnerungsapps für die Medikamenteneinnahme, Tools zur Verwaltung von Benachrichtigungen, sodass Pausen störungsfrei wahrgenommen werden können, Tools zur Automatisierung von Zusammenfassungen, um Produktivitätsverlust während schwierigen Phasen zu mindern
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Studieren mit körperlichen Behinderungen
Körperliche Behinderungen sind oftmals sichtbarer als andere Behinderungsformen und deshalb greifbarer. Beispiele dafür sind Lähmungen, Fehlstellungen oder Amputationen.
Bei Studierenden mit körperlicher Behinderung können unter Umständen Rollstuhl, Gehilfen, spezielle Tastaturen, Einrastfunktionen oder andere Einstellungen und Hilfsmittel notwendig sein. Wichtig ist deshalb, dass diese zum Studienstart beschafft und trainiert werden. Ebenfalls sollten sich Studierende über die Barrierefreiheit der Räumlichkeiten informieren und abklären, ob es möglich ist, sich online an Lehrveranstaltungen zu beteiligen.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit körperlichen Behinderungen: Augen- und Sprachsteuerung, Tastatur-Einrastfunktion, Maussteuerung mit Tastatur, Bildschirmtastatur
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Studieren mit Lernstörungen
Im Gegensatz zu Lernbehinderungen beeinträchtigen Lernstörungen nicht die kognitiven Funktionen im Allgemeinen, sondern nur das Lesen, Schreiben, Rechtschreiben und Sprechen. Lernstörungen werden auch unter dem Sammelbegriff Dyslexie (früher: Legasthenie) zusammengefasst. Es wird gar diskutiert, ob sie nicht auch zu den Neurodivergenzen gezählt werden sollten.
Viele Informationen in kurzer Zeit zu verarbeiten, kann für Studierende mit Dyslexie eine Herausforderung darstellen. Deshalb können auch Prüfungen und Abschlussarbeiten die Symptome von Studierenden mit Dyslexie verschlimmern. Ein Nachteilsausgleich, bestehend aus zusätzlicher Zeit zum Lösen von Prüfungen oder mehr Pausen, kann deshalb unerlässlich sein. Informieren Sie sich auch über zugelassene Softwareprogramme, um Zeit zu sparen und Fehler zu vermeiden.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit Lernstörungen: Rechtschreibung- und Grammatikprüfung, Textvorschläge
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Studieren mit Neurodiversität
Der Begriff Neurodiversität (oder Neurodivergenz) beschreibt die Vielfalt menschlicher Gehirne und Denkweisen. So gelten zum Beispiel Menschen mit Autismus oder ADHS als neurodivers.
Da ein Campus nicht unbedingt die ruhige und strukturierte Umgebung bietet, die sich neurodiverse Studierende allenfalls wünschen, kann es zu Schwierigkeiten bei der Aufmerksamkeit und bei der Ausdauer beim Lernen kommen. Hinzu kommt die schiere Masse an zu verarbeitenden Informationen, die über verschiedene Kanäle verschickt werden. Betroffenen hilft es, sich passende Lern- und Arbeitsstrategien anzueignen und sich gut zu organisieren, um das Zeitmanagement im Blick zu behalten.
💡 Hilfreiche Features für neurodiverse Menschen: Plastischer Reader, Textvorschläge, Einschränkung von Benachrichtigungen, Anpassung von Taskleiste und Startmenü
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Studieren mit neurologischen Krankheiten
Unter neurologischen Krankheiten werden sämtliche Krankheiten zusammengefasst, die das Nervensystem betreffen, wie beispielsweise Migräne, Epilepsie oder MS.
Nervenschädigungen können sich durch eine Vielzahl an Symptomen bemerkbar machen, zum Beispiel durch Taubheitsgefühle, Empfindungsstörungen, Konzentrationsschwäche oder Schwindel. Je nach Symptomen kann es hilfreich sein, die Bildschirmhelligkeit des Laptops anzupassen. Für Studierende mit neurologischen Erkrankungen ist es wichtig, dass eine Vertrauensperson informiert ist und weiss, was bei plötzlich eintretenden Symptomen oder einem Anfall zu tun ist. Allenfalls hilft es auch, Merkblätter bei Dozierenden zu platzieren, damit sie im Ernstfall richtig reagieren können.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit neurologischen Krankheiten: Bildschirmdarstellung, erweiterter Zeichenabstand
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Studieren mit psychischen Krankheiten
Ist das Denken, Fühlen, die Wahrnehmung und das Handeln über einen längeren Zeitraum verändert, wird von einer psychischen Erkrankung oder Behinderung gesprochen. Das bekannteste Krankheitsbild sind Depressionen.
Viele zeitgleiche Informationen und Benachrichtigungen auf dem Laptop können bei Betroffenen Stress auslösen. Auch der Zeitdruck aufgrund von Prüfungs- oder Abgabeterminen kann bestehende psychische Krankheitsformen verschlimmern. Eine phasenweise Erkrankung kann das selbstständige Arbeiten erschweren oder zu Leistungsschwankungen führen. Für Studierende mit einer psychischen Erkrankung ist es deshalb wichtig, sowohl passende Lerntechniken zu finden, als auch Strategien für den Umgang mit Krisen.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit psychischen Krankheiten: Minimieren visueller Ablenkungen, Einschränkung von Benachrichtigungen, Anpassung von Taskleiste und Startmenü
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Studieren mit neuropsychiatrischen Krankheiten
Erkrankungen, die sowohl Hirn als auch Psyche betreffen, werden als neuropsychiatrisch bezeichnet. Zu den häufigsten Störungen zählen Krampfanfälle, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen und kognitive Defizitstörungen. Auch das Tourette-Syndrom wird darunter gefasst.
Die Hauptmerkmale des Tourette-Syndroms sind motorische oder sprachliche Tics. Diese Tics sind spontane, nicht unterdrückbare Äusserungen oder Bewegungen, wie zum Beispiel Augenblinzeln, Naserümpfen, Grimassen, Ausstossen von Lauten, Tiergeräuschen oder auch Fluchwörtern. Studierende mit Tourette-Syndrom stehen vor der Herausforderung, dass sie mit ihren Tics eine Lehrveranstaltung oder Prüfung stören könnten und so ungewollte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Offen über die Erkrankung zu sprechen, kann helfen, das Verständnis zu fördern sowie passende Lehr- und Lernbedingungen zu schaffen.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit neuropsychiatrischen Krankheiten: Lerntools, Aufgaben- und Planungsapps, Hilfe bei der Erstellung von Präsentationen
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Studieren mit Sinnesbehinderungen
Sinnesbehinderungen umfassen sowohl leichtere Beeinträchtigungen der Sinne als auch ein vollständiger Hör- oder Sehverlust.
Für Studierende mit Sinnesbehinderungen ist es wichtig, dass ihre jeweiligen technischen Hilfsmittel zum Einsatz kommen können. Nicht nur bei den Vorlesungen, sondern auch bei den verschiedenen digitalen Lernformaten. Sprechen Sie deshalb frühzeitig mit den Dozierenden, sodass diese beispielsweise Mikrofone verwenden oder Ihnen die Unterlagen vorgängig in schriftlicher Form zusenden, sodass Sie sie am eigenen Laptop mit Vergrösserungsfunktion oder mittels Screenreader lesen können. Bei Menschen mit Sehbehinderung ist es wichtig, dass die Bildschirmhelligkeit, Schriftarten und Farben auf dem Laptop angepasst werden können.
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit Sehbehinderung: Bildschirmdarstellung, Bildschirmlupe, Farb- und Kontrasteinstellungen, Sprachausgabe
💡 Hilfreiche Features für Menschen mit Hörbehinderung: Live-Untertitel, Mono-Audio, visuelle Anzeigen
KI-Lösungen für Studierende mit Behinderungen
KI Assistenten, wie der Copilot von Microsoft, können Studierende mit Behinderungen dabei unterstützen, ihren Studienalltag zu organisieren sowie ihr Zeitmanagement im Blick zu haben. Ausserdem bieten sie wichtige Features, sowohl für Menschen mit Hör- oder Sehbinderungen als auch für Menschen mit Motorikstörungen oder neurodiverse Personen.
Sechs Studierende mit ganz unterschiedlichen Behinderungsformen haben das neue Microsoft-Produkt Copilot+ PC vor Studienstart getestet. Seien Sie gespannt, welche Erfahrungen sie gemacht und wie die Barrierefreiheitstools sie im Studienalltag unterstützt haben!
Verfasst mit freundlicher Unterstützung von