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Eine Autistin auf Jobsuche

Mein Name ist Céline und ich bin Peer-Beraterin bei EnableMe. Im März 2024 habe ich meine Wunschausbildung als Rettungssanitäterin im Rettungsdienst begonnen. Zwei Monate später habe ich meinem Berufsbildner anvertraut, dass ich eine Autismus-Spektrum-Störung habe, früher bekannt als Asperger-Syndrom.

Céline hat lange, lockige braune Haaren und lächelt. Sie trägt ein ärmelloses, dunkelviolettes Oberteil und eine Halskette. Im Hintergrund sind unscharf ein Gebäude mit Holzelementen und ein Tisch mit geschlossenen Sonnenschirmen zu sehen. | © Privataufnahme

Céline verlor ihren Job, nachdem sie am Arbeitsplatz offen über ihre Autismus-Diagnose gesprochen hat. (Privataufnahme)

Ich dachte mir, es würde mir in den drei Jahren Ausbildung helfen, wenn mein Berufsbildner davon weiss. Leider war dies einer meiner schlechtesten Entscheidungen, die ich je in meinem Leben getroffen habe. Eine Woche nach meinem Gespräch erhielt ich die Kündigung, mit der Begründung, dass man ja nun nicht wisse, wo der Weg mit mir noch hinführen würde und wo ich mehr Unterstützung benötige als andere. Im gleichen Atemzug wurde mir mitgeteilt, dass ich einen super Job mache und nichts falsch gemacht habe. Ich verstand die Welt nicht mehr. Alle Versuche, meinen Job zurückzubekommen, scheiterten.

« Ich verstand die Welt nicht mehr und fühlte mich von meinem Berufsbildner verraten. »
Céline, Autistin

Ich habe mich in dieser Zeit schrecklich gefühlt und vor allem verraten durch meinen Berufsbildner. Die Erfahrungen, die ich in der Arbeitswelt machen durfte, waren nicht alle schlecht. Jedoch traf ich oft auf Unsicherheit und Vorurteile und es kostete mich sehr viel Kraft, diesen entgegenzuwirken und zu beweisen, was ich kann.

Danach musste ich mir einen neuen Job suchen und offen kommunizieren, warum ich meinen anderen Job verloren hatte. Dies war besonders schwierig, da ich grosse Angst vor einer erneuten Ablehnung hatte. Doch ich hatte Glück im Unglück. In Fribourg gab es einen Verlegungsdienst für Transporte von Patient:innen, der mich trotz Autismus zu einem Probetag eingeladen hat. Am selben Tag hat mir eine damals noch «zukünftige» Arbeitskollegin angeboten, mich zu unterstützen, sollte ich mich entscheiden, dort arbeiten zu wollen. 

Nur zwei Wochen später hatte ich meinen ersten Arbeitstag in Fribourg und wurde von Beginn an von allen Kolleg:innen unterstützt. Hier traf ich auf Offenheit und bekam viel Unterstützung bei den Dingen, die mir Probleme bereiten. Noch dazu habe ich eine Vertrauensperson, an die ich mich jederzeit wenden kann. Ich habe bei diesem Arbeitgeber auch die Möglichkeit, mich weiterzubilden und vielleicht geht dann mein Wunsch, Rettungssanitäterin zu werden, doch noch in Erfüllung.

« Ich möchte verhindern, dass so etwas auch anderen passiert. »
Céline, Autistin

Sehr gerne würde ich in diesem Erfahrungsbericht schreiben, dass man offen mit einer Diagnose umgehen sollte, da die meisten Menschen Verständnis für neurodivergente Personen haben und diese auch sehr gerne unterstützen. Das sollte dann die Arbeitssituation für die betroffene Person, sowie die Arbeitskolleg:innen viel einfacher machen. Leider verstehe ich auch die Angst, aufgrund einer Diagnose auf Ablehnung zu stossen und im schlimmsten Fall den Job zu verlieren, wie ich leider selbst erleben musste. Zum Glück durfte ich nun eine gute Erfahrung mit vielen lieben Arbeitskolleg:innen machen. 

Seit Juli 2024 engagiere ich mich als ehrenamtliche Peer-Beraterin bei EnableMe und möchte auf diesem Weg andere Betroffene in der Arbeitswelt unterstützen. Zudem ist es mein Ziel, Unternehmen über Autismus zu informieren, damit andere aufgrund von Vorurteilen und mangelnden Wissens seitens Arbeitgeber:innen nicht auch ihren Job verlieren. Ich möchte einfach verhindern, dass so etwas jemand anderem passiert.

Gerne möchte ich euch abschliessend einen Tipp fürs Arbeiten mit Autismus mit auf den Weg geben: wenn du dich bei der Arbeitsstelle jemanden anvertrauen willst, solltest du dies nicht allein machen, sondern immer eine Person an deiner Seite haben, die gegebenenfalls das Sprechen und Erklären für dich übernehmen kann. 


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